Mehr, mehr, mehr
Die Zahlen sehen vordergründig gut aus. Erneut steigert der Bund seine Ausgaben – 2019 um einen zweistelligen Milliardenbetrag – und macht dabei keine neuen Schulden. Für absehbare Ausgaben ist vorgesorgt, auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2022. Die Steuerentlastung für Grund- und Kinderfreibetrag und zum Ausgleich der kalten Progression, die einen Teil der Lohnzuwächse dem Fiskus zuschustert, ist berücksichtigt. Auch Mehrausgaben bei der Rente zur Sicherung des Versorgungsniveaus, für Mütter und Erwerbsgeminderte. Zudem ist der Teilabbau des Solidaritätszuschlags 2021 eingeplant. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) setzt präzise den Koalitionsvertrag um. Die Etats wachsen. Mehr Geld fließt in Verkehr, Forschung und Bildung, geht an Familien und wird zur Kinderbetreuung ausgegeben. Verteidigungsausgaben und Entwicklungshilfe steigen. In großer Zahl baut der Bund Stellen bei der Bundespolizei auf, beim Bundeskriminalamt oder beim Zoll. Bei der Flüchtlingsbehörde Bamf werden Stellen entfristet. Der Bund beeilt sich, als Arbeitgeber in den eigenen Häusern einen besonders weit verbreiteten Missstand zu beseitigen, zu dem er die freie Wirtschaft gesetzlich zwingt. Am Ende der Legislaturperiode 2021 werden die Ausgaben des Bundes um rund 40 Mrd. Euro auf 370 Mrd. Euro gestiegen sein. Annähernd 20 Mrd. Euro gehen an die Bürger – die Hälfte für die rechtlich nötigen Steuerentlastungen, die andere Hälfte für den längst überfälligen (Teil-)Abbau des Solidaritätszuschlags. Der Bund schwimmt im Geld. Die noch gute Konjunktur und die hohe Erwerbstätigkeit machen dies möglich. Aber eine Debatte über die Struktur des Etats kommt erst gar nicht auf. Wie viel sollte der Staat ausgeben dürfen, und wie viel sollten die Bürger behalten? Welche Größenordnung ist für Sozialausgaben angemessen, welche für die Steuerquote? Welchen steuerlichen Rahmen braucht die deutsche Wirtschaft, um international weiter bestehen zu können? Ein veralteter Investitionsbegriff streut der Gesellschaft Sand in die Augen. So zählt etwa das Baukindergeld, eine der größten Subventionssünden, zu staatlichen Investitionen. Erhalten die Länder direkt Geld aus dem Steuertopf für Verkehrsinvestitionen und nicht mehr als Entflechtungsmittel aus der Bundeskasse, senkt dies die Bundesinvestitionen. Ob die Ausgaben auch tatsächlich die politischen Ziele erfüllen, weiß der Bund ohnehin nicht. Es geht nur um mehr, mehr, mehr. Das aber ist zu wenig.