Mehr Spielraum für Philip Hammond
Von Andreas Hippin, LondonPhilip Hammond ist eigentlich selbst schuld: Er wollte nur noch einen Haushalt vorlegen, und zwar im Herbst. Nun war er gezwungen, sein Autumn Statement kurz vor einer weiteren kritischen Phase der Brexit-Verhandlungen vorzulegen. Es könnte schon in wenigen Tagen obsolet sein. Hammonds fiskalpolitische Möglichkeiten werden durch das Office for Budget Responsibility (OBR) begrenzt. Die unabhängigen Haushaltshüter zeigten sich jedoch konziliant und erhöhten ihre Wachstumsprognose für die kommenden Jahre – und damit seinen künftigen Spielraum. Statt 1,3 % Wachstum wie noch im März erwarten die unabhängigen Haushaltswächter für 2019 nunmehr 1,6 %. Für 2020 nahmen sie ihre Prognose um einen Zehntelpunkt auf 1,4 % nach oben. Sein Vorgänger George Osborne hatte das OBR vor sieben Jahren einrichten lassen, um auch nach Ende seiner Amtszeit die Rückkehr zu einer spendierfreudigeren Ausgabenpolitik so schwer wie möglich zu machen. Die ebenfalls von Osborne durchgesetzte Schuldenbremse tut ein Übriges. Aber auch in Sachen Neuverschuldung hatte das OBR gute Nachrichten für Hammond. Sie werde im laufenden Jahr um 11,4 Mrd. Pfund niedriger liegen als im Frühjahr angenommen. Die Staatsverschuldung habe 2016/17 bei 85,2 % des Bruttoinlandsprodukts ihren bisherigen Höhepunkt erreicht.Premierministerin Theresa May hatte die guten Nachrichten mit der Ankündigung, weitere 20 Mrd. Pfund in das öffentliche Gesundheitssystem NHS zu stecken, bereits vorweggenommen. Für ihre Ansage, die Zeit der Sparpolitik neige sich dem Ende zu, gab es indessen keine Hinweise. Hammond erging sich im Klein-Klein. Dass die Kraftstoffsteuer das nunmehr neunte Jahr in Folge unverändert gelassen wird, löste keine Freudenstürme aus. Angesichts der Unsicherheit rund um den Brexit half auch nicht viel, dass die Abgaben auf Bier, Apfelwein und Schnaps eingefroren werden sollen. Anders als Osborne gelang es Hammond nicht, in letzter Minute noch ein Kaninchen aus dem Hut zu ziehen. Zu den interessantesten Ankündigungen gehört eine Digital Services Tax, mit der Internetunternehmen zur Kasse gebeten werden sollen, die rentabel sind und mehr als 500 Mill. Pfund Umsatz weltweit machen.Unter seinen Vorgängern hatte sich das Spring Statement zeitweise zu einem Mini-Haushalt entwickelt. Das bot sowohl Osborne als auch Gordon Brown die Möglichkeit, gleich zweimal im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen. Hammond wollte das abstellen, weil er kein Interesse daran hat, eines Tages Premierminister zu werden. Trotzdem wird er spätestens im Frühjahr nachlegen müssen, vor allem wenn es nicht zu einer Einigung mit Brüssel kommt. Für die Vorbereitungen auf einen EU-Austritt ohne vorherige Übereinkunft stellte er gerade einmal 500 Mill. Pfund extra ein.