Merkel verteidigt hohe Staatsschulden
wf Berlin – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürger in der Coronakrise um Disziplin, Verständnis und Mithilfe gebeten, die Pandemie zu überwinden. Die Hygieneregeln müssten eingehalten werden. “Wir dürfen es nicht dazu kommen lassen, dass wieder landesweite Einschränkungen, wieder hohe ökonomische und emotionale Verluste drohen”, sagte Merkel im Bundestag anlässlich der Debatte zum Bundeshaushalt 2021. Zugleich verteidigte die Kanzlerin die hohe Nettoneuverschuldung, die mit der Krise einhergeht. Der Bundeshaushalt 2021 trage dazu bei, belastbare Grundlagen für die Zukunft zu schaffen, in ein innovatives Deutschland zu investieren und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, unterstrich Merkel. Nach einer Nettokreditaufnahme von fast 218 Mrd. Euro in diesem Jahr sieht der Etatentwurf für 2021 eine Neuverschuldung von 96,2 Mrd. Euro vor. Nach sechs Jahren mit Etats ohne Neuverschuldung habe die Bundesregierung “schnell und kraftvoll” reagieren können, so die Kanzlerin. Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird 2021 von 60 % auf rund 75 % steigen. Merkel betonte, dass dies unter den führenden Industrieländern (G7) die niedrigste Staatsschuldenquote sei.Zugleich hob die Kanzlerin die starke Entlastung für die Bürger in der Coronakrise hervor. Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte entlaste die Bevölkerung um 20 Mrd. Euro. Die Deckelung der EEG-Umlage führe zu 11 Mrd. Euro Entlastung. Die Unterstützungsleistungen für Familien wie der Kinderbonus und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende würden 2021 fortgesetzt. Für 90 % der Menschen werde im nächsten Jahr der Solidaritätszuschlag entfallen und das Kindergeld erhöht.Der Fraktionschef der SPD, Rolf Mützenich, zeigte sich zuversichtlich, dass der Bund in den nächsten Jahren die Tilgungen leisten kann, die für die Schulden aus der Coronakrise anfallen und die Schuldenbremse überschreiten. In diesem Jahr sind es 119 Mrd. Euro, die von 2023 an getilgt werden. Für 2021 sind es rund 86 Mrd. Euro, die von 2026 an zurückgezahlt werden. Die Maßnahmen der Bundesregierung würden die Voraussetzungen für Arbeit und Wachstum schaffen und damit in den nächsten Jahren wieder für mehr Steuereinnahmen sorgen. “Aber diejenigen, die mehr als genug haben, werden in dieser Krise stärker gebraucht”, sagte Mützenich. “Das sind nicht die Alleinerziehenden, das sind nicht die Geringverdiener, das sind nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.” “Große Steuerreform nötig”Für die Linke forderte Fraktionschef Dietmar Bartsch eine “große Steuerreform” mit einer Entlastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen sowie für kleine und mittlere Betriebe. Finanzieren will er dies mit einer höheren Erbschaftsteuer. “Wir müssen wieder dahin kommen, dass Leistung in unserem Land eine Rolle spielt und nicht Erbschaft”, sagte Bartsch. Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Linder, warnte vor steigenden Sozialausgaben, die den Staat zunehmend belasteten. In den vergangenen fünf Jahren seien die Sozialausgaben stärker gewachsen als die Wirtschaft – mit einer Ausnahme. Selbst 2019 bei Rekordbeschäftigung und Niedrigarbeitslosigkeit habe der Staat zum ersten Mal mehr als 1 Bill. Euro an Sozialausgaben geleistet.