Mersch: ABS-Käufe der EZB keine Ouvertüre für QE

Notenbanker äußert Bedenken - Viele offene Fragen

Mersch: ABS-Käufe der EZB keine Ouvertüre für QE

ms Frankfurt – Der beschlossene Ankauf von Kreditverbriefungen und Covered Bonds durch die Europäische Zentralbank (EZB) führt nach Ansicht von Direktoriumsmitglied Yves Mersch nicht automatisch zum breit angelegten Staatsanleihenkauf. “Sie sind weder gleichzusetzen mit einem breit angelegten Programm der quantitativen Lockerung oder ,Quantitative Easing’ (QE), noch stellen sie die Ouvertüre dazu dar”, sagte Mersch gestern auf einer “Zeit”-Konferenz in Frankfurt. Er verwies in dem Kontext auch erneut auf “nicht unerhebliche institutionelle, instrumentelle sowie rechtliche Fragen”, die mit QE verbunden wären. DIW: Erwartungen entankertMit seinen Aussagen widerspricht Mersch Einschätzungen von Volkswirten und Marktteilnehmern, dass die EZB mit den beiden Kaufprogrammen de facto mit QE begonnen hat, und dämpft Spekulationen, dass womöglich schon in Kürze auch der Kauf von Staatsanleihen beschlossen werden könnte. Inzwischen erwarten mehr und mehr Marktakteure, dass die EZB im Kampf gegen Mini-Inflation und Wirtschaftsflaute auch zu diesem letzten Mittel greift.In der vergangenen Woche hatte der EZB-Rat zur Überraschung der meisten Beobachter mehrheitlich entschieden, künftig Asset Backed Securities (ABS) und Covered Bonds, also etwa Pfandbriefe, zu kaufen. Die Möglichkeit eines breiten QE inklusive des Erwerbs von Staatstiteln wurde dabei bereits diskutiert, aber zumindest noch nicht beschlossen. Vor allem in Deutschland werden EZB-Anleihekäufe sehr kritisch gesehen.Mersch sagte nun mit Blick auf ein breites QE, dass “manche augenscheinlich in diese Richtung drängen”. Für ihn käme dies aber nur unter zwei Bedingungen in Frage: falls die Inflation zu lange auf dem derzeitigen sehr niedrigen Niveau verharre und unter der “strikten Einhaltung unseres währungspolitischen Mandats”. Er äußerte starke Zweifel an der Effektivität von Staatsanleihekäufen im Euroraum und warnte vor Risiken für die EZB-Bilanz.Unterdessen hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Debatte um eine drohende Deflation im Euroraum angeheizt. In einer neuen Analyse kommen DIW-Chef Marcel Fratzscher – früher selbst bei der EZB – und weitere Experten des Instituts zu dem Urteil, dass die Inflationserwartungen nicht mehr fest verankert seien – was das Risiko, dass der Euroraum in eine Deflation abrutscht, steigen lasse. Unter Euro-Notenbankern tobt eine Debatte um diese Verankerung (vgl. BZ vom 30. August). Draghi hatte die Erwartungen trotz gestiegener Risiken und Bedenken vergangene Woche als verankert bezeichnet. Hintergrund der Debatte ist, dass die Erwartungen ein zentraler Faktor für die künftige Inflation sind.