Merz greift nach der CDU-Spitze
wf Berlin – Friedrich Merz hat offiziell seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz beim Parteitag Anfang Dezember bekannt gegeben. Der Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers des Vermögensverwalters BlackRock strebt die Nachfolge von Angela Merkel an, die ihn 2002 als Fraktionschef im Bundestag aus dem Amt gehoben hatte. Merkel hatte am Montag erklärt, sie werde sich – nach 18 Jahren an der Parteispitze – von diesem Amt zurückziehen und beim Parteitag in Hamburg nicht erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Das Amt als Bundeskanzlerin sei sie bereit bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 auszufüllen.Merz teilte mit: “Ich habe mich nach reiflicher Überlegung und nach zahlreichen Gesprächen entschieden, auf dem Bundesparteitag in Hamburg für den Vorsitz der Christlich Demokratischen Union Deutschlands zu kandidieren.” Die Union brauche einen “Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspersönlichkeiten”, erklärte der 62-Jährige. Er sei bereit, dafür Verantwortung zu übernehmen und “gleichzeitig alles zu tun, um den inneren Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit der CDU Deutschlands zu stärken”. Merkel ist 64 Jahre alt.Bereits am Montag hatten die Generalsekretärin der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer (56), und der Gesundheitsminister im Kabinett Merkel, Jens Spahn (38), ihre Ambitionen bekannt gemacht, das Parteiamt an der CDU-Spitze zu erobern. Kramp-Karrenbauer gilt als Vertraute Merkels. Spahn schwimmt gern gegen den Strom und hat bei parteiinternen Wahlen schon Merkel-Wegbegleiter aus dem Rennen geschlagen. Der Bonner Völkerrechtler Matthias Herdegen hält laut Nachrichtenagentur dpa-afx vorerst an seiner Kandidatur fest, die er bereits Anfang Oktober bekannt gegeben hatte. “Ich habe keinen Anlass, von meiner Kandidatur abzurücken, solange ich der einzige Kandidat bin, der inhaltlich ein konkretes Angebot gemacht hat”, sagte der 61-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Bonn. Mehr KandidatenAls möglicher weiterer Kandidat wird der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (57), gehandelt, der den größten Landesverband in der CDU hinter sich hat. Laschet behält sich vor, dass er antritt. Auch der Name von Wolfgang Schäuble (76) fällt. Schäuble kam als Kronprinz von Helmut Kohl nicht zum Zuge, bevor Kohl 1998 die Wahl gegen Gerhard Schröder (SPD) verlor. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (60) schloss ihre Kandidatur “definitiv” aus.Konsequenzen für die Bundesregierung zeichnen sich nach Einschätzung der Beteiligten durch Merkels Rückzug von der Parteispitze nicht ab. Merkel selbst sieht sich in internationalen Verhandlungen eher gestärkt. “Ich glaube, dass sich an der Verhandlungsposition in internationalen Verhandlungen nichts verändert”, sagte sie in Berlin. “Man kann sogar sagen, ich habe mehr Zeit, mich auf die Aufgaben als Regierungschefin zu konzentrieren.”Der Fortbestand der großen Koalition ist nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ungefährdet. CDU, CSU und SPD würden sonst großes Wählervertrauen verspielen, zeigte er sich im “Handelsblatt” überzeugt. FDP-Vize Wolfgang Kubicki fordert indessen personelle Änderungen bei allen Parteien der großen Koalition. “Sowohl CDU als auch CSU und SPD brauchen einen glaubwürdigen personellen Neuanfang”, sagt Kubicki zu Reuters. “Angela Merkel hat hier Maßstäbe gesetzt.” Bundestagsvizepräsident Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte mit Blick auf den steigenden Druck auf CSU-Chef Horst Seehofer, Konsequenzen aus der Wahlniederlage in Bayern zu ziehen, vor Einmischung in innerparteiliche Verhältnisse.