KommentarTarifabschluss

Metaller-Signal an die Politik

Gewerkschaften und Arbeitgeber machen mit ihrem Pilotabschluss in der Metall- und Elektrobranche vor, woran es der Politik mangelt: Fähigkeit zum Kompromiss, gemeinschaftliches Handeln in schwierigen Zeiten, Bausteine für die Zukunft.

Metaller-Signal an die Politik

Kommentar

Metaller-Signal an die Politik

Von Stephan Lorz

In Zeiten der Unsicherheit, Lagerbildung und des Verfalls öffentlicher Verhaltensweisen ein gemeinschaftliches Signal der Tarifparteien an ihre Mitglieder zu senden ist schon ein Wert an sich. Noch dazu, wenn es soziale Sicherung mit Planbarkeit, Flexibilität und Rücksichtnahme auf wirtschaftlich Schwächere verbindet. Der Metaller-Pilotabschluss ist die richtige Mischung, um in die Branche wieder Ruhe zu bringen, sie auf einen Pfad der Erneuerung und zugleich Erholung zu bringen. Er nimmt Verunsicherung und Sorgen heraus, bei allen Zumutungen, die der Abschluss für manche Unternehmen und auch Arbeiterfamilien bedeutet. Denn der Druck zur Veränderung hin zu höherer Produktivität – auch unter Inkaufnahme von Rationalisierung und Automatisierung – wird gleichzeitig aufrechterhalten, was wiederum volkswirtschaftlich wichtig ist.

Es ist aber auch ein Signal an die Politik, weil hier zwei Streithähne, die sich schon aufgrund ihrer Jobbeschreibung regelmäßig von höchst unterschiedlichen Positionen aufeinander zu bewegen müssen und dabei bekanntermaßen in Wortwahl, Stil und Handlung nicht zimperlich sind, ihre Verantwortung gerade in der aktuellen Wirtschafts- und Standortkrise ernst nehmen. Sie wissen, wann ein Kompromiss zur rechten Zeit wichtiger ist, als noch ein Zehntelprozent mehr vom anderen herauszuholen. Und wann es wichtiger ist, dass sich die Branche eben nicht zerstreitet und jeder Fortschritt damit lahmgelegt wird.

„Back to the Future“ in Berlin

Dem politischen Berlin ist solches Verhalten offenkundig fremd. Leider scheint das mit dem Bruch der Ampel-Koalition noch nicht zu Ende zu sein. Denn unmittelbar danach wurden Versäumnisse gegeneinander aufgerechnet, der jeweils andere als Schuldiger dargestellt, der Unmoralisches verlangt oder sich nicht zu einem Kompromiss hat bewegen lassen. Und die Opposition? Die hat im Moment nichts anderes zu tun, als erst einmal alles kassieren zu wollen, was in den vergangenen Jahren auf Kiel gelegt wurde: Heizungsgesetz, Verbrennerverbot, Deutschlandticket. Abriss statt Aufbau ist offenbar das Motto, ohne wirklich selbst einen Plan zu haben, wie und was man erneuern will und was das dann kostet. Back to the Future scheint der Leitspruch zu sein.

Demgegenüber zeigen Gesamtmetall und IG Metall, wie man es machen sollte: Blick auf die wirtschaftlichen Realitäten, flexible Lösung, Investition in die Zukunft und Bausteine für eine Modernisierung der Tarifwelt. Unternehmen und Gewerkschaften nehmen ihre Verantwortung ernst, in der Politik spricht man nur davon.


Bericht zum Pilotabschluss in der Metallbranche