Migrationspakt entzweit Europa
ast Frankfurt – Die EU-Kommission erfährt aus Teilen der Europäischen Union Widerstand gegen die geplante Reform des Migrationspakts. Ungarns Präsident Viktor Orbán kritisierte den Entwurf: “Sie möchten Migration managen und nicht die Migranten stoppen.” Ungarn und Polen wehren sich seit Jahren gegen die Migrationspolitik der EU-Kommission und widersetzen sich insbesondere der Verteilung von Flüchtlingen und Asylbewerbern nach festen Quoten. Orbán forderte Hotspots für Migranten außerhalb der EU. Zuspruch für die Reform kam aus Deutschland und Frankreich. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnte davor, den Reformvorschlag vorschnell abzulehnen.Der Vorschlag aus Brüssel sieht vor, dass Griechenland und Italien bei der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern entlastet werden. Quoten zur Umverteilung innerhalb der EU sind nicht vorgesehen. Stattdessen soll es finanzielle Anreize für Aufnahmeländer geben – 10 000 Euro pro Person, bei Minderjährigen 12 000 Euro (siehe BZ vom 24. September). Mitgliedstaaten und Europaparlament müssen über den Vorschlag verhandeln. Einstimmigkeit ist dafür nicht nötig.Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der die Verhandlungen aufgrund der deutschen Ratspräsidentschaft leitet, hofft auf eine Einigung noch in diesem Jahr. Er sieht in dem aktuellen Vorschlag eine gute Grundlage. Auch die französische Regierung begrüßte den Vorschlag. Es müsse ein faires Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität gefunden werden, teilte das Innenministerium mit. Die EU müsse die Kontrollen an ihren Außengrenzen verstärken, um irreguläre Einwanderung einzudämmen. Für die Menschen, die asylberechtigt seien, müsse es aber eine bessere Versorgung als bisher geben.Auch aus dem EU-Parlament kam ein geteiltes Echo. Die migrationspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Lena Düpont, plädierte für einen “ausgewogenen Ansatz, der Humanität und Ordnung zusammenbringt, Fluchtursachenbekämpfung und Grenzschutz miteinander vereint”. Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel fürchtet den Bruch von EU-Recht: “Der Ansatz, diesen Mitgliedstaaten eine Reform auf Biegen und Brechen recht zu machen, kann unseren Werten, unseren humanitären und rechtlichen Verpflichtungen nicht gerecht werden.” Cornelia Ernst, asylpolitische Sprecherin der Linken, warnte davor, “dass sich Länder wie Polen oder Ungarn von der Pflicht, Geflüchtete aufzunehmen, freikaufen können, indem sie sich an mehr Abschiebungen beteiligen”.Luxemburgs Außenminister Asselborn warnte vor einer vorschnellen Ablehnung des Vorschlags: “Ich finde es zutiefst uneuropäisch und unsolidarisch, dass das jetzt teilweise so schnell in der Luft zerrissen wird.” Unterstützung bekommt Asselborn von den Ökonomen des IfW Kiel: Der Vorschlag bleibe “der bislang aussichtsreichste Ansatz, um die derzeitige Praxis von Abschottung und Abschreckung zu überwinden und ein humanes System der Migrationskontrolle zu entwickeln”, so das IfW.