EZB STEIGT INS QUANTITATIVE EASING EIN

Mit 1,14 Bill. Euro gegen die Deflation

EZB verteidigt Beschluss zu großvolumigen Anleihekäufen - Konsens bei Risikoteilung erzielt

Mit 1,14 Bill. Euro gegen die Deflation

Der EZB-Rat hat – offenbar gegen den erklärten Widerstand einiger Mitglieder – ein großvolumiges Anleihekaufprogramm beschlossen, um eine aufkommende Deflation zu verhindern und die Konjunktur anzukurbeln. Von März 2015 bis zunächst September 2016 sollen dafür Monat für Monat 60 Mrd. Euro aufgewendet werden, was in der Summe auf ein Programm von 1,14 Bill. Euro hinausläuft. Das entspricht etwa 11% des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone.lz Frankfurt – “Der EZB-Rat hat diesen Beschluss in einer Situation gefasst, in der sich die meisten Indikatoren für die gegenwärtige und erwartete Inflation im Euroraum historischen Tiefständen angenähert hatten”, heißt es in einer Erklärung der Notenbank. Da die Gefahr bestanden habe, dass mögliche Zweitrundeneffekte auf die Lohn- und Preissetzung die mittelfristige Preisentwicklung negativ beeinflussen, habe diese Situation eine starke geldpolitische Reaktion erfordert.Wie EZB-Präsident Mario Draghi auf der Pressekonferenz im Nachgang zur EZB-Ratssitzung erklärte, sei das Gremium einig gewesen in der Feststellung, dass es sich bei dem Anleihekaufprogramm (Quantitative Easing, QE) grundsätzlich um Geldpolitik handele, man habe einen “Konsens” erzielt im Hinblick auf die Risikoaufteilung des Programms, aber es habe unterschiedliche Ansichten gegeben, ob sofort habe gehandelt werden müssen. Eine “große Mehrheit” habe sich dann zur unmittelbaren Ingangsetzung des Programms entschieden. Eine explizite Abstimmung sei aufgrund der klaren Mehrheitsverhältnisse nicht notwendig gewesen.Mit der Geldschwemme nach dem Vorbild der US-Notenbank Fed will Draghi verhindern, dass die Wirtschaft in eine gefährliche Abwärtsspirale aus fallenden Preisen auf breiter Front und nachlassenden Investitionen abrutscht. “Wir sind überzeugt, dass die heute beschlossenen Schritte wirksam sind und die Inflation anheben”, erklärte Draghi. Denn die EZB strebt eine Teuerungsrate von knapp 2 % an. Davon ist sie derzeit aber meilenweit entfernt: Zuletzt fielen die Preise in der Eurozone sogar um 0,2 %.Insgesamt planen die Währungshüter deswegen bis Ende September 2016 Ankäufe von Staatsanleihen, privaten Bonds und Papieren europäischer Institutionen von 60 Mrd. Euro pro Monat. Darin enthalten sind auch bereits beschlossene Käufe von ABS-Papieren und Pfandbriefen. Draghi ließ zudem eine Hintertür offen, das Programm zu verlängern, falls die Geldspritze nicht die nötige Wirkung erzielt. Der Ankauf soll laut Draghi gemäß den Anteilen der nationalen Notenbanken am Kapital der EZB erfolgen (siehe Grafik). Griechenland außen vor?Für die Papiere von Ländern wie Griechenland, in denen derzeit noch Rettungsprogramme laufen, sollen zusätzliche Regeln gelten. Nach Angaben von Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras bleibt das Land ausgeschlossen, solange die “Troika” aus EZB, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) noch kein positives Reformzeugnis ausgestellt hat. Entsprechend warb er auch für die derzeitige Regierungspartei, weil nur diese den Reformkurs fortsetzen wolle. In dem Krisenland wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Vom Ausgang der vorgezogenen Wahl hängt die Fortsetzung des Sparkurses ab. Um einen Kollaps von griechischen Banken im Zuge der am Sonntag anstehenden Parlamentswahl zu vermeiden, hat die EZB nach Angaben eines Insiders kurz vor dem Wahlgang sogar Not-Liquiditätshilfen (ELA) genehmigt, mit denen die nationale Zentralbank unterstützend eingreifen kann.Was die eurozonenweiten zusätzlichen Ankäufe von Vermögenswerten betrifft, so versichert der EZB-Rat, dass er die Kontrolle über sämtliche Gestaltungsmerkmale des Programms behalte. Die Notenbank übernehme die Koordination der Ankäufe und wahre somit die Einheitlichkeit der Geldpolitik des Eurosystems.Mögliche – nach der EZB-Wortwahl – “hypothetischen Verluste” aus erworbenen Anleihen etwa wegen einer Staatspleite sollen nach Angaben der EZB nur teilweise vollständig gemeinsam getragen werden. Bei Wertpapieren europäischer Institutionen sei die gemeinsame Haftung üblich. Sie sollen 12 % der zusätzlichen Anleihekäufe ausmachen. Die übrigen Ankäufe unterliegen indessen nicht dieser gemeinschaftlichen Verlustteilung. Die EZB will nur 8 % der Verluste aus diesen Käufen auf alle Euro-Staaten aufteilen, der Rest soll von den jeweils betroffenen nationalen Notenbanken getragen werden. Unterm Strich sollen auf diese Weise nur 20 % des Risikos vergemeinschaftet werden.Ob der Haftungsausschluss indes tatsächlich greift, bezweifelt Unicredit-Chefvolkswirt Erik F. Nielsen: “Die gegenseitige Haftung ist vertraglich festgelegt.” Hoffnungen, im Zweifelsfall nicht für die Verluste anderer Notenbanken geradestehen zu müssen, seien eine Illusion.