NOTIERT IN BRÜSSEL

Mit den Headhuntern auf Du und Du

So ein Jahreswechsel ist ja immer auch eine gute Gelegenheit für einen Neuanfang. Er bietet die Möglichkeit, alte Probleme einfach einmal abzuhaken, hinter sich zu lassen und sich neuen Herausforderungen zu stellen - vielleicht auch gleich über...

Mit den Headhuntern auf Du und Du

So ein Jahreswechsel ist ja immer auch eine gute Gelegenheit für einen Neuanfang. Er bietet die Möglichkeit, alte Probleme einfach einmal abzuhaken, hinter sich zu lassen und sich neuen Herausforderungen zu stellen – vielleicht auch gleich über einen ganz neuen Job nachzudenken. Dies ist in Brüssel nicht anders als anderswo auch.Die Bulgarin Kristalina Georgiewa zum Beispiel. Die bisherige Vizepräsidentin der EU-Kommission hatte das dringende Bedürfnis, sich zu verändern, und ist deshalb in dieser Woche als neuer CEO der Weltbank angetreten. Ihre bisherigen Verantwortlichkeiten für Haushalt und Personal in der EU-Kommission soll nun ja bekanntlich Günther Oettinger übernehmen. Dieser muss sich am Montag aber erst einmal einer intensiven Befragung im Europaparlament stellen.Für den 63-Jährigen könnten es unangenehme zweieinhalb Stunden werden. Denn die Wogen seiner “Schlitzaugen”-Rede aus dem Oktober sind trotz einer Entschuldigung noch längst nicht geglättet. Gestern veröffentlichten gleich zehn Nichtregierungsorganisationen – darunter Transparency International, Oxfam, Lobbycontrol, das Homosexuellen-Netzwerk ILGA und European Women’s Lobby – einen offenen Brief ans EU-Parlament, in dem sie gegen eine Beförderung Oettingers protestierten. Der CDU-Politiker ist in ihren Augen wegen seiner “rassistischen, sexistischen und homophoben Bemerkungen” insbesondere nicht dafür geeignet, Verantwortung fürs Personalwesen zu übernehmen.Verhindern kann das EU-Parlament einen Haushaltskommissar Oettinger wohl kaum noch, da es hier um eine Ressort-Umverteilung geht und nicht um die Neubestellung eines Kommissars. Allerdings könnte sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gemüßigt fühlen, je nach Verlauf der weiteren Debatte zumindest die eigentlich geplante Hochstufung Oettingers zum Vizepräsidenten der EU-Kommission noch einmal zu überdenken. Noch immer unklar ist unterdessen, wer für Georgiewa neu in die Kommission kommt. Die Headhunter der bulgarischen Regierung haben auch nach zweimonatiger Suche noch keinen geeigneten Kandidaten präsentieren können.Sehr schnell wurde dagegen in dieser Woche der Job des britischen EU-Botschafters in Brüssel neu besetzt, nachdem der bisherige Amtsinhaber Ivan Rogers mit einem öffentlichen Paukenschlag abgetreten war. Der Neue in Brüssel, der nun auch die Brexit-Verhandlungen begleiten soll, ist der Karrierediplomat Tim Barrow, der von 2011 bis 2015 Botschafter in Russland und seit März 2016 der Politische Direktor im britischen Außenamt war. Rogers wurde von EU-Seite durchaus die eine oder andere Träne nachgeweint, auch wenn er als nicht so einfach zu handeln galt. Einen “geschätzten Diplomaten, der wusste, wovon er sprach”, nannte ihn zum Beispiel Guy Verhofstadt, der Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments.Apropos Verhofstadt: Auch der frühere belgische Ministerpräsident würde ja gerne 2017 neue berufliche Herausforderungen annehmen. Der Fraktionschef der Liberalen liebäugelt immer noch mit einem Mandat als neuer EU-Parlamentspräsident und soll auch schon versucht haben, dem sozialdemokratischen Kandidaten Gianni Pittella ein sozialliberales Bündnis schmackhaft zu machen. Die Wahl zur Schulz-Nachfolge ist am 17. Januar. Erfahrungen mit Kampfabstimmungen hat das EU-Parlament ja bisher so gut wie gar nicht. Daher die Tendenz: Es ist noch alles offen.Auch bei anderen Wahlen dürfte es 2017 noch spannend werden – zum Beispiel bei der Parlamentswahl in den Niederlanden im März. Natürlich steht dabei vor allem das Abschneiden des Rechtspopulisten Geert Wilders im Fokus. Als nicht unwahrscheinlich gilt aber auch, dass der sozialdemokratische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem nach der Wahl seinen Job los ist. Und was wird dann aus der Eurogruppe? Dijsselbloem ist ja eigentlich noch bis Januar 2018 zum Vorsitzenden gewählt. Nach Informationen der “FAZ” scharren bereits zwei andere Finanzminister mit den Hufen, um den Job von Dijsselbloem zu übernehmen: Luis de Guindos aus Spanien und Peter Kazimir aus der Slowakei. Ein Stühlerücken gilt auch in der Eurozone 2017 zumindest als möglich.