PERSONEN

Mit hoher Disziplin und einem Lächeln

Von Angela Wefers, Berlin Börsen-Zeitung, 17.7.2019 In sicherem Französisch und Englisch sowie in ihrer Muttersprache Deutsch wandte sich Ursula von der Leyen in ihrer Bewerbungsrede für die Kommissionspräsidentschaft an die Abgeordneten des...

Mit hoher Disziplin und einem Lächeln

Von Angela Wefers, BerlinIn sicherem Französisch und Englisch sowie in ihrer Muttersprache Deutsch wandte sich Ursula von der Leyen in ihrer Bewerbungsrede für die Kommissionspräsidentschaft an die Abgeordneten des Europaparlaments. Der Auftritt auf internationalem Parkett liegt der konservativen Politikerin, die sich entschieden hatte, alles auf die Brüsseler Karte zu setzten. Noch bevor klar war, ob sie die nötige Mehrheit für den europäischen Spitzenposten erlangen kann, kündigte sie für den heutigen Mittwoch ihren Rücktritt vom Amt als Bundesverteidigungsministerin in Berlin an. Distanz zur TruppeSeit 2013 und damit schon in der zweiten Legislaturperiode steht die 60-jährige von der Leyen an der Spitze der Truppe – ein nicht ganz konfliktfreies Verhältnis. Die Entfremdung trat im Frühjahr 2017 ein, als sie nach der Enttarnung des Soldaten Franco A. als vermeintlicher syrischer Flüchtling und einer Debatte über rechtsextremistische Tendenzen in der Bundeswehr in einem Interview ein “Haltungsproblem” in der Bundeswehr sowie “Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen” konstatierte. Die spätere Entschuldigung konnte nicht mehr alles heilen. Kostenprobleme bei der Sanierung des Lieblingsschiffs der Deutschen, der “Gorch Fock”, und ein Untersuchungsausschuss wegen der Vergabe von Aufträgen an externe Berater prägten zuletzt ihr Bild in der deutschen Öffentlichkeit. Ihre Beliebtheitswerte könnten besser sein, auch die Wahlergebnisse für die CDU-Spitzengremien.So strahlend von der Leyens Lächeln ist, so hoch ist ihre Disziplin, ihr Durchhaltevermögen und ihre Entscheidungskraft. Alles zusammen hat ihr eine späte politische Karriere ermöglicht. Die in Brüssel geborene Tochter des niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) hat die parteipolitische Ochsentour ausgelassen. Mit Politik ist sie gleichwohl aufgewachsen. Nicht nur der Vater, auch ihre Mutter Heidi Adele Albrecht, eine promovierte Geisteswissenschaftlerin, war ein politisch denkender Kopf und hat sich in ihren Ehrenämtern für die Belange von Frauen und Müttern starkgemacht. Von der Leyen – siebenfache Mutter inzwischen erwachsener Kinder und promovierte Ärztin – ist seit 1986 verheiratet mit dem habilitierten Mediziner und Unternehmer Heiko von der Leyen. Sie war bereits 44, als sie 2003 in Niedersachsen in den Landtag gewählt wurde. Der damalige Landeschef und spätere Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) machte sie zur Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Zuvor hatte sie sich in der Kommunalpolitik und in Fachgremien der Landespartei engagiert, nachdem sie aus Kalifornien zurückgekehrt war. Dort hatte sie mehrere Jahre mit ihrem Mann gelebt. Modern gegen Widerstand Mit dem Regierungswechsel 2005 in Berlin und der ersten Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) wechselte von der Leyen in die Hauptstadt. Sie wurde Familienministerin, nachdem Merkel sie schon zuvor in ihr Kompetenzteam berufen hatte. Als Familienministerin brachte von der Leyen es in diesem bis dahin recht unbeachteten Amt zu großer Popularität. Sie modernisierte gegen das Familienbild in der Union die staatlichen Leistungen für Familien, führte das Elterngeld ein und trieb den Ausbau von Krippenplätzen voran. Diesen Kurs als familienfreundliche Arbeitgeberin hielt sie auch in ihren späteren Positionen als Bundessozialministerin von 2009 bis 2013 und an der Spitze der Bundeswehr durch.In der Frage der weiblichen Besetzung von Führungspositionen in der Wirtschaft trat von der Leyen als Arbeits- und Sozialministerin beharrlich für eine fixe Quote ein, während die zuständige Amtsinhaberin, Kristina Schröder (CDU), im Familienressort tapfer die Parteilinie einer Flexi-Quote verteidigen musste. Das Sozial- und Arbeitsministerium führte von der Leyen bis 2013 geräuschlos und ohne Pannen – keine Selbstverständlichkeit in diesem ausgabenstärksten Ressort der Bundesregierung. Auch in der Administration des Bundesverteidigungsministeriums führte sie ein striktes Regiment. Sie war nicht zimperlich, sich auch von altgedienten Führungskräften zu trennen, die querschossen oder ihr nicht kompetent erschienen. Tatsächlich ist es ihr gelungen, die Bundeswehr wieder zu stärken. Den Finanzministern leierte sie in den vergangenen Jahren deutlich mehr Geld aus den Rippen. Der Etat ist noch nicht am Nato-Ziel, das US-Präsident Donald Trump unermüdlich einfordert, aber weit entfernt vom Tiefpunkt der Sparmaßnahmen in der deutschen Verteidigungspolitik.