Moody's-Votum lässt Rom aufatmen
Die Ratingagentur Moody's hat Italien nicht herabgestuft. Rom behielt mit „Baa3“ eine Bewertung, die nur eine Stufe über dem Ramschanleihen-Niveau liegt. Moody's hob aber den Ausblick von negativ auf stabil an. Beobachter hatten eine Herabstufung nicht ausgeschlossen. Dann wären die Finanzierungskosten für Staat, Unternehmen und Private wohl nach oben geschossen.
Meloni droht mit Veto
Doch die Zeichen für Rom stehen nicht auf Entspannung. Denn Premierministerin Giorgia Meloni geht auf Konfrontationskurs zu Europa. Sie droht mit einem Veto gegen die geplante Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Italien will sich nicht verpflichten, die Schulden jedes Jahr um einen bestimmten Prozentsatz zu reduzieren, und fordert, Investitionen in die Energiewende, die Digitalisierung und Rüstung aus der Defizitberechnung auszuklammern. Damit beißt sie insbesondere bei Kanzler Olaf Scholz, den sie am Mittwoch in Berlin treffen wird, auf Granit.
Italien hat als einziges EU-Land noch nicht die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterzeichnet. Einen weiteren Konflikt gibt es um die Umsetzung von Reformen, zu denen sich Italien verpflichtet hat, um die Hilfen aus dem europäischen Wiederaufbauprogramm Next Generation zu erhalten. Symbol dafür ist die Bolkestein-Richtlinie zur Liberalisierung des Dienstleistungssektors. Trotz jahrelanger Aufforderungen der EU und der Einleitung eines Verfahrens gegen Italien weigert sich Meloni, etwa die Konzessionen für den Betrieb von Strandbädern neu auszuschreiben. Die EU hat Rom nun eine Frist von zwei Monaten gesetzt. Sonst drohen saftige Strafzahlungen.
Ex-Ministerpräsident und Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi ist entsetzt über Melonis Kurs. Bei einer Veranstaltung in Turin sagte er, „es ist gefährlich, sich von Europa zu isolieren. Früher oder später kommt die Rechnung.“ Italien habe keine Chance, sich mit seinen Forderungen durchzusetzen, und profitiere sehr von Europa.
Größter Nutznießer
Italien ist der größte Nutznießer der EU-Hilfen und erhält 230 Mrd. Euro aus diversen Hilfsprogrammen. Diese Gelder sind neben den verbesserten Aussichten des sehr stabilen Bankensektors und der Entspannung im Energiesektor der Hauptgrund dafür, dass Moody's den Ausblick für Italien angehoben hat. Doch Experten glauben, dass Rom bestenfalls die Hälfte der Gelder des Next-Generation-Programms ausgeben kann. Bürokratie, fehlendes Fachpersonal und lange Genehmigungsverfahren verhinderten ein besseres Ergebnis. Weitere Verzögerungen gibt es, weil Meloni den Plan völlig überarbeiten hat lassen und die Genehmigung der EU für die neuen Pläne aussteht.
Brüssel rechnet für Italien 2024 nur mit einer Wachstumsrate von 0,9% – weniger als die 1,2%, die Rom bei der Haushaltsplanung zugrunde gelegt hat. Die EU erwartet deshalb einen Schuldenanstieg von voraussichtlich 140,2% in diesem Jahr und auf 141% 2025. Die wegen der stark gestiegenen Zinsen auf mehr als 80 Mrd. Euro pro Jahr gewachsenen Schuldendienstzahlungen würden damit weiter zunehmen.
Es kommt hinzu, dass auf Rom unkalkulierbare Kosten wegen der umfangreichen Steuererleichterungen für die ökologische Sanierung von Wohnungen und Häusern von bis zu 24 Mrd. Euro im Jahr zukommen. Auch staatliche Kreditgarantien in Milliardenhöhe könnten fällig werden. Der Haushalt für 2024 geht nicht nur von unrealistisch hohen Wachstumsraten, sondern von ebenso irrealen Privatisierungserlösen von 20 Mrd. Euro bis 2026 aus. Auch geplante Einsparungen bei den Ausgaben sind nicht in Sicht. Die hohen Zinsen haben bereits die Investitionen gebremst. Die Kreditausfälle nehmen zu.