NOTIERT IN MAILAND

Moralapostel unter Druck

Seit sie bei den Wahlen 2013 aus dem Stand als zweitstärkste Partei ins Parlament einzog, geht es mit der italienischen Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) aufwärts. Laut den Meinungsumfragen vor Jahresende lag die Fünf-Sterne-Bewegung mit 29 %...

Moralapostel unter Druck

Seit sie bei den Wahlen 2013 aus dem Stand als zweitstärkste Partei ins Parlament einzog, geht es mit der italienischen Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) aufwärts. Laut den Meinungsumfragen vor Jahresende lag die Fünf-Sterne-Bewegung mit 29 % Zustimmung nur knapp unter den Ergebnissen der Regierungspartei Partito Democratico (PD) mit 31 %. Dies ist in erster Linie dem 29-jährigen Jura-Studenten und Vizepräsidenten der Abgeordnetenkammer Luigi Di Maio zu verdanken. Mit einer relativ gemäßigten Politik scheint er den Ex-Komiker und wegen seiner lautstarken Wutausbrüche berüchtigten Gründer der M5S Beppe Grillo abzulösen. “Verdammt, jetzt bist Du Anführer”, sagte der 67-jährige, politisch müde gewordene Grillo kürzlich zu Di Maio. Doch der Abgang Grillos von der politischen Bühne scheint verfrüht.Die Anti-Establishment-Bewegung, die sich als Moralapostel Italiens gibt, steht vor einem handfesten Skandal. In dem nahe Neapel gelegenen Städtchen Quarto soll die Bürgermeisterin, die der M5S angehört, mit den Stimmen des organisierten Verbrechens, der Camorra, gewählt worden sein. Ein Stadtrat musste bereits gehen, da er einen öffentlichen Auftrag einem von der Camorra kontrollierten Unternehmen zuspielte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Grillo forderte am Wochenende lautstark den Rücktritt der Bürgermeisterin. Doch der aus Neapel stammende Di Maio wollte den Ausgang der gerichtlichen Ermittlungen abwarten. Die Bürgermeisterin hat die Entscheidung Grillos kurzerhand ignoriert und hält an ihrem Posten fest. Nun wurde sie aus der Bewegung ausgeschlossen. Wer den Machtkampf auch gewinnt, das Image der Protestbewegung als Saubermacher par excellence hat Schaden erlitten. *Heute beginnt in Florenz die Herrenmodemesse Pitti Uomo, darauf folgen in Mailand die Pret-à-porter-Schauen für die Herrenmode der Herbst/Wintersaison 2016/17. Offensichtlich ist, dass der neue Look zu edlen Materialien, einem Revival der fünfziger Jahre, ein Trend wird, der neuerdings die Eleganz und weniger die sportliche Mode favorisiert. Am Vorabend der Modeschauen hat Luxusmode-Hersteller Brunello Cucinelli nicht seine Kollektion, sondern die vorläufigen Ergebnisse für 2015 präsentiert. Trotz China-Krise und geopolitischer Unruhen handelt es sich um eine “Luxus”-Bilanz. Der Umsatz kletterte um 16 % auf 414 Mill. Euro. Der Auslandsumsatz nahm sogar um ein Fünftel zu. Besonders gut hat Cucinelli auf dem US-Markt mit einem Plus von 27 % abgeschlossen. Das auf Mode aus Nobelstoffen fokussierte Unternehmen erzielt knapp 40 % seines Umsatzes in den USA. “Die China-Krise ist im Luxussegment nicht zu spüren”, bestätigte Brunello Cucinelli, Präsident und CEO des Unternehmens. Im Reich der Mitte stieg der Absatz um 23 %. Die Börse reagierte mit einem Kurssprung der Cucinelli-Aktien von bis zu 8 % auf die unerwartet positiven Ergebnisse 2015 und die vom Präsidenten in Aussicht gestellte Fortsetzung des positiven Trends 2016 mit weiterhin zweistelligen Wachstumsquoten. *Wichtige Designinstitute wie Istituto Europeo del Design oder Naba, die Akademie für schöne Künste, haben in Mailand ihren Standort. Zum Image Mailands als Designmetropole und zum Erfolg als Wirtschaftsmetropole haben seit den fünfziger Jahren renommierte Designer und Architekten wie etwa Ettore Sottsass, Marco Zanuso, Michele De Lucchi, Matteo Thun oder Gruppo Memphis beigetragen. Zu den Großen zählt auch der am 31. Dezember verstorbene Münchner Designer Richard Sapper. “Der kreative Deutsche”, wie er in Mailand anerkennend genannt wurde, hat nicht nur Kultobjekte wie etwa Tizio, die Hallogen-Tischleuchte für Artemide, oder den musikalischen Wasserkessel für Alessi geschaffen. Er hat sich vor allem als Designprofessor an italienischen und US-Hochschulen einen Namen gemacht. Doch der Wahlmailänder hat noch kürzlich in einem Interview erklärt, die Zukunft des Designs liege nicht so sehr in Mailand, Paris oder London sondern in den skandinavischen Ländern.