"Muttis Klügster" als Erneuerer
sp – “Ich bin kein Lager. Ich kann und will die gesamte Partei repräsentieren”, sagte Norbert Röttgen in dieser Woche vor Abgeordneten der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion. Keine Frage, im Kampf um den Parteivorsitz macht Röttgen das Zelt für alle ganz weit auf. Als Außenseiter in das Rennen gestartet, liegt der 55-jährige Jurist unter den Parteianhängern mittlerweile in Schlagdistanz zu den anderen Bewerbern. Röttgen versucht sich als Erneuerer zu positionieren, ohne sich inhaltlich an der Ära von Angela Merkel zu reiben. Mit ihm an der Spitze soll die Partei weiblicher, jünger, digitaler und interessanter werden. Die CDU müsse wieder mehr um Themen ringen, ohne dass das Ergebnis von vorneherein feststehe, sagt er und übt damit zumindest indirekt Kritik an der Kanzlerin. Die Partei brauche klimapolitische Glaubwürdigkeit, fordert der ehemalige Bundesumweltminister, der sich von 2009 bis 2012 in Merkels Kabinett den Ruf als “Muttis Klügster” erwarb. Dann folgte der tiefe Fall: Als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2012 scheiterte Röttgen auch deshalb spektakulär, weil er sich nicht zu einem Wechsel nach Düsseldorf im Fall einer Niederlage bekannt hatte. Zurück in Berlin, warf ihn Merkel kurzerhand aus dem Kabinett und er verlor seinen Posten als CDU-Vize. Seit 2014 führt er den Auswärtigen Ausschuss und hat sich als außenpolitischer Experte zurück in den Vordergrund gearbeitet.