BREXIT

Nacht der stumpfen Messer

Theresa May hat zum Jahresbeginn eine weitere peinliche Niederlage eingefahren. Die Kabinettsumbildung, mit der sich die britische Premierministerin etwas Luft verschaffen und die parteiinternen Querelen eindämmen wollte, ließ sich nicht...

Nacht der stumpfen Messer

Theresa May hat zum Jahresbeginn eine weitere peinliche Niederlage eingefahren. Die Kabinettsumbildung, mit der sich die britische Premierministerin etwas Luft verschaffen und die parteiinternen Querelen eindämmen wollte, ließ sich nicht durchsetzen. Noch im alten Jahr war abzusehen, dass sich keiner der “großen vier” aus dem Amt drängen lassen würde – weder der für den Brexit zuständige Staatssekretär David Davis noch Außenminister Boris Johnson, Schatzkanzler Philip Hammond oder Innenministerin Amber Rudd.Wenige hatten allerdings damit gerechnet, dass sich der höchst unbeliebte Gesundheitsminister Jeremy Hunt dem Ansinnen widersetzen würde, ihn zum Wirtschaftsminister zu machen. Auch dass Bildungsministerin Justine Greening lieber ihren Kabinettsposten niederlegte, als ins Arbeitsministerium zu wechseln, kam unerwartet. Im konservativen “Telegraph” war daraufhin von einer “Nacht der stumpfen Messer” die Rede. Sowohl Greening als auch Hunt werden Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt, den “großen vier” sowieso.Am Ende der Umbildung wurde kein einziger Minister entlassen. 17 Kabinettsmitglieder blieben im Amt, drei traten zurück und drei wechselten den Zuständigkeitsbereich. Zudem wurden vier zusätzliche Kabinettsmitglieder neu ernannt.Für die britischen Medien ist die wichtigste Veränderung die Berufung des überzeugten Proeuropäers David Lidington ins Cabinet Office. Der ehemalige Justizminister ersetzt Mays Weggefährten Damian Green, der sich vor dem Brexit-Votum für den Verbleib in der EU eingesetzt hatte, führt aber nicht die gleiche Amtsbezeichnung. Green hatte May bislang den Rücken freigehalten. Ihm wurden jedoch historische Belästigungs- und Pornografievorwürfe zum Verhängnis.Ob eine neue Position in Davis’ Brexit-Behörde geschaffen werden muss, die sich explizit mit einem “No Deal”-Szenario beschäftigt, ist – trotz der atemlosen Berichterstattung darüber – zweitrangig. Natürlich muss sich ein Land auf so einen Fall vorbereiten. Wirklich bemerkenswert ist dagegen die Stabilität des Kabinetts von May, in dem sich Befürworter eines möglichst sanften EU-Austritts und Verfechter eines harten Schnitts gegenseitig blockieren. May bleibt der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich beide Seiten einigen können. So eine Regierung eignet sich bestens für ein Weiterwursteln mit großzügigen Übergangszeiträumen. In Berlin und Brüssel wäre man vermutlich nicht abgeneigt.