Nationalistische Karte
Wieder einmal holt Japan und Südkorea ihre gemeinsame Vergangenheit ein. Die Regierung in Tokio erschwert den Export von drei wichtigen Chemikalien für Chips und OLED-Bildschirme, nachdem Gerichte in Südkorea Ex-Zwangsarbeitern in der japanischen Kolonialzeit eine Entschädigung zusprachen. Danach wurden Vermögenswerte von japanischen Unternehmen beschlagnahmt, darunter Nippon Steel. Die Justiz ignoriert einen Vertrag mit Japan von 1965, der Südkoreas Ansprüche aus der Kriegs- und Kolonialzeit mit einer Einmalzahlung von 500 Mill. Dollar abgilt. Die Regierung in Seoul versäumte es schlicht, das Geld an die Ex-Zwangsarbeiter weiterzuleiten. Dennoch fällt Japans Reaktion unverhältnismäßig hart aus. Wegen ein paar hunderttausend Euro für die wenigen noch lebenden Kläger setzt Premier Shinzo Abe seinen Ruf als Verfechter des Multilateralismus aufs Spiel. Sein Manöver ist leicht zu durchschauen: Der ultrakonservative Politiker spielt vor der Oberhauswahl am 21. Juli die nationalistische Karte aus. Sein G20-Bekenntnis von Osaka zum Freihandel war also nicht viel wert.mf