Geldpolitik

Neue EZB-Projektionen im besonderen Fokus

Wenn die EZB am Donnerstag zu ihrer Zinssitzung zusammenkommt, liegt ein besonderer Fokus auch auf den neuen Projektionen für das Wachstum und die Inflation. Welche Signale senden sie für den weiteren Zinskurs?

Neue EZB-Projektionen im besonderen Fokus

Neue EZB-Projektionen im besonderen Fokus

Beobachter erhoffen sich Signale für weiteren Zinskurs – Inflation bis 2025 im Schnitt über 2 Prozent gesehen

ms Frankfurt

Wenn die Euro-Notenbanker am Donnerstag zu ihrer Zinssitzung zusammenkommen, liegt ein besonderer Fokus auch auf den neuen Projektionen für das Wachstum und die Inflation, die die EZB-Volkswirte turnusgemäß vorlegen. Zwar sind die Zweifel an den Projektionen im EZB-Rat gewachsen –nach der eklatanten Unterschätzung der Inflation in den Jahren 2021 und 2022. Dennoch kommt den Voraussagen bei den Diskussionen über den weiteren Zinskurs weiter eine große Bedeutung zu.

Die neuen Projektionen sollen ebenfalls einige Antworten auf zentrale Fragen liefern, die sich vor der EZB-Sitzung stellen: Wie schätzt die Europäische Zentralbank (EZB) die eher schwächer als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten der vergangenen Wochen ein? Die Euro-Wirtschaft ist im Winterhalbjahr nun doch unerwartet in eine technische Rezession gerutscht – mit zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit schrumpfender Wirtschaftsleistung. Und wie beurteilt die EZB den eher unerwartet starken Rückgang der Inflation, vor allem den ersten deutlichen Rückgang bei der Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) im Mai? Ist das der erhoffte Wendepunkt beim zugrunde liegenden Preisdruck?

Was das Wachstum betrifft, hatten die EZB-Volkswirte bei der bislang letzten Projektionsrunde im März für 2023 1,0% und für die Jahre 2024 und 2025 jeweils 1,6% vorausgesagt. Für 2023 dürfte die Prognose nun etwas gesenkt werden, erwarten auch die meisten Beobachter. Barclays prognostiziert sogar eine Rücknahme auf 0,7%. Auch für 2024 setzen viele Experten auf eine etwas geringere Prognose. Die bislang 1,6% liegen auch deutlich oberhalb vieler anderer Schätzungen. Für 2025 könnte es dagegen im Bereich der 1,6% bleiben.

Bei der Inflation gehen die meisten Volkswirte von keinen allzu großen Veränderungen aus. Trotz des deutlichen Rückgangs der Teuerung zuletzt auf 6,1% werde die 2023er Projektion von zuletzt 5,3% eher leicht angehoben, so die Erwartung. Hintergrund ist vor allem die bis zuletzt hartnäckige Kernteuerung. Für das Jahr 2025 erwarten die meisten Beobachter unveränderte EZB-Projektionen für die Gesamtinflation (2,1%) und die Kerninflation (2,2%).

Nicht zuletzt diese unveränderte Erwartung für den mittel- und längerfristigen Inflationsausblick ist der Hauptgrund dafür, dass die meisten Beobachter noch zwei weitere Zinserhöhungen der EZB erwarten – eine an diesem Donnerstag und die andere bei der Zinssitzung im Juli. „Die EZB muss möglicherweise bis September und möglicherweise noch später warten, bevor sie belastbare Beweise dafür hat, dass sich die zugrunde liegende Inflation ausreichend verlangsamt, um den Zinserhöhungszyklus zu beenden oder zu unterbrechen“, heißt es von den EZB-Experten der Deutschen Bank.

Viel hängt bei den nächsten Sitzungen auch davon ab, wann und wie die bisherigen Zinserhöhungen um 375 Basispunkte in der Realwirtschaft ankommen. Der frühere Vize-Chef der irischen Zentralbank und heutige Chefvolkswirt der Schweizer EFG Bank, Stefan Gerlach, schätzt, dass bislang zwei Drittel der Straffung noch nicht in der Gesamtwirtschaft angekommen sind.

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