Neue Hoffnung im Haushaltsstreit
Von Peter De Thier, WashingtonWenige Wochen nach dem Inkrafttreten von 85 Mrd. Dollar an gesetzlich vorgeschriebenen Sparmaßnahmen stehen Demokraten und Republikaner an der Schwelle zu einem Durchbruch im Streit um die Bekämpfung der steigenden Staatsschulden. Zum ersten Mal seit 2009 verständigte sich der Senat auf einen neuen Haushaltsentwurf. Damit könnte der Weg frei werden für ein Ende des sogenannten “Sequester”, der bis zu 1,1 Bill. Dollar an zusätzlichen Zwangseinsparungen zur Folge haben könnte.Den Startschuss zum neuen Duell um die Sanierung der Staatsfinanzen feuerte am Dienstagabend Paul Ryan, Chef des Budgetausschusses im Repräsentantenhaus, ab. Ryan veröffentlichte einen 91 Seiten umfassenden Haushaltsplan, der die Staatsausgaben während der kommenden zehn Jahre um 4,6 Bill. Dollar senken würde und bis 2023 den Fehlbetrag, der im abgelaufenen Jahr bei 1,1 Bill. Dollar lag, beseitigen würde. Am Mittwoch konterten die Demokraten, die im Senat die Mehrheit besitzen, mit einem bescheideneren Entwurf, der die Defizitquote von 7 % (2012) während der kommenden Dekade auf ein konstantes Niveau von 3 % zurückschrauben soll.Indem der Senat sich erstmals seit 2009 zu einem neuen Budget durchringen konnte, sind zwar formal die Voraussetzungen geschaffen für die Beendigung des “Sequester”, der am 1. März in Kraft getreten war. In der Sache trennt aber beide Seiten nach wie vor der Streit darüber, ob der Defizitabbau vorrangig über Steuererhöhungen oder eine Senkung der Staatsausgaben erfolgen soll. Ryan besteht auf der Rücknahme der von Obama durchgesetzten Gesundheitsreform und will Medicare, die staatliche Krankenversorgung für Arme, teilweise privatisieren.Auch sind die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, die Privatisierung der staatlichen Hypothekenversicherer Freddie Mac und Fannie Mae und umfangreiche Einsparungen bei diskretionären Ausgabenprogrammen vorgesehen, von Bildungsprogrammen über Infrastrukturinvestitionen bis hin zu Agrarsubventionen. Ein weiterer Kernpunkt des Ryan-Plans ist die geforderte Vereinfachung des Steuersystems. Der Republikaner will die bestehenden sieben Einkommensteuerklassen auf zwei reduzieren. Auch soll der Spitzensteuersatz von derzeit 39,6 % auf 25 % gesenkt werden.Im Mittelpunkt des am Mittwoch vorgelegten Senatsentwurfs stehen 1 Bill. Dollar an zusätzlichen Abgaben, die durch höhere Steuersätze für Wohlhabende und die Schließung von Schlupflöchern für multinationale Konzerne erzielt werden sollen. Damit geht Senatorin Patty Murray, die Vorsitzende des Budgetausschusses im Oberhaus, sogar deutlich weiter als Präsident Barack Obama, der bisher nur 650 Mrd. Dollar an zusätzlichen Abgaben fordert. Auch wollen die Senatsdemokraten diskretionäre Ausgabenprogramme während der kommenden zehn Jahre um 1 Bill. Dollar zusammenstreichen. Obama hingegen war zu nur 400 Mrd. Dollar bereit.”Es sind von beiden Seiten Mindestgebote”, sagte Robert Bixby, Direktor der Concord Coalition, die sich für Defizitabbau und Schuldenreduzierung starkmacht. Wie auch andere Experten teilt er die Sorgen von Ryan, der erstmals vor einer “tiefen US-Schuldenkrise” und deren gesamtwirtschaftlichen Folgen gewarnt hat.Es liegt nun an Obama, einen Mittelweg zu finden. Dafür hat der Präsident noch einen knappen Monat Zeit. Im April, zwei Monate später als geplant, wird Obama seinen Haushaltsplan vorlegen. Angeblich will er ebenfalls die Defizitquote von derzeit 7 auf 3 % senken. Nach Darstellung der unabhängigen Budgetbehörde Congressional Budget Office (CBO) würde ein Kompromiss maßgeblich dazu beitragen, die Staatsfinanzen unter Kontrolle zu bekommen. Laut CBO werden die Gesamtschulden von derzeit 16,6 Bill. Dollar 2013 um weitere 845 Mrd. Dollar steigen und die Neuverschuldung wird ohne einen Kompromiss auf lediglich 5 % zurückgehen.