Neue Ideen aus London für den Brexit
ahe/hip Brüssel/London – Im Brexit-Poker hat die britische Regierung in Brüssel offenbar neue Vorschläge mit Alternativen zum umstrittenen Backstop eingereicht. Hierzu hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den britischen Premier Boris Johnson am Montag bei einem Treffen in Luxemburg aufgefordert. Eine Sprecherin der Kommission bestätigte den Eingang von “Dokumenten”, wollte sich aber noch nicht genauer zu den Inhalten äußern, weil diese noch geprüft werden müssten. Währenddessen kündigte sie für heute ein Treffen des britischen Brexit-Ministers Stephen Barclay mit EU-Chefunterhändler Michel Barnier an.Die britische Regierung nannte die übergebenen Dokumente “eine Reihe vertraulicher technischer Non-Papers, die die Ideen widerspiegeln, die Großbritannien bisher vorgebracht hat”. Derweil rief sich in London der konservative Abgeordnete Greg Hands ins Gedächtnis, der eine Kommission leitet, die sich mit den “alternativen Arrangements” beschäftigt, die den Backstop im Austrittsvertrag ersetzen könnten. Es sei möglich, auf der Grünen Insel eine Grenze ohne physische Infrastruktur darzustellen und damit den Vorgaben des Karfreitagsabkommens gerecht zu werden, erläuterte er vor Journalisten.Hands` Kommission ist nicht an den Verhandlungen beteiligt. Hinter ihr steht Prosperity UK, eine Initiative, für die sich der ehemalige EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill mit dem Brexit-Unterstützer und Hedgefonds-Chairman Paul Marshall zusammengetan hat. Zu ihren Vorschlägen gehören nun “Trusted Trader”-Programme, die es großen Unternehmen ermöglichen sollen, anfallende Zölle nicht bei jedem Grenzübertritt, sondern in regelmäßigen Zeitabständen zu begleichen. Schließlich setzt sich der grenzüberschreitende Handel auf der Insel größtenteils aus regelmäßigen Lieferungen der gleichen Güter zusammen. Das ermöglicht eine vereinfachte Zollabfertigung und die Nutzung etablierter Technologien. “Für unsere Vorschläge braucht man keine neuen Technologien”, betonte Hands. Alles sei schon irgendwo auf der Welt im Einsatz, wenn auch nicht alles an einem Ort. Es handele sich aber nicht um Lösungen für einen No Deal. Die Umsetzung der Maßnahmen brauche Zeit.Man könne Gebrauch von Versandverfahren und Sonderwirtschaftszonen machen, sagte Hands. Dann könne man die Grenze vielleicht nicht nur als Problem wahrnehmen, sondern auch als Chance. “Wir versuchen, eine möglichst breite Landebahn (für einen Deal) zur Verfügung zu stellen.” Dazu gehört auch ein Fonds, der bei der Finanzierung der Umstellung behilflich sein soll. Damit erkenne man die Verantwortung für den Brexit an.Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Finnlands Regierungschef Antti Rinne, setzte Johnson eine Frist bis Monatsende, um Änderungswünsche am Brexit-Abkommen einzureichen. Sonst “ist es vorbei”, wurde Rinne von der finnischen Nachrichtenagentur STT zitiert. Eine Sprecherin der EU-Kommission wollte diese Deadline nicht bestätigen. Sie betonte lediglich: “Jeder Tag zählt.”