Neue Spannungen zwischen USA und China

Sicherheitsgesetz für Hongkong sorgt für Ärger

Neue Spannungen zwischen USA und China

nh/det Schanghai/Washington – Chinas neuer Vorstoß, seine Kontrollmechanismen über die Sonderverwaltungszone Hongkong zu verstärken, stoßen auf teils heftige Abwehrreaktionen in Teilen der Hongkonger Bevölkerung, wie auch in Washington. Der chinesische Volkskongress, dessen Jahrestagung am Freitag begonnen hat, plant ein in letzter Minute überraschend von Chinas Parteiführung vorgelegten Gesetzesentwurf zu verabschieden. Er zielt darauf ab, die im vergangenen Sommer aufgekommenen Massenproteste in Hongkong, die sich gegen die eigene Regierung wie auch eine immer stärkere Einmischung Pekings gerichtet hatten, auf einer neuen Rechtsbasis zu unterbinden.Mit dem neuen Vorschlag für ein “nationales Sicherheitsgesetz” ermächtigt sich der Volkskongress als chinesisches Parlament dazu, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der Strafen für subversives Verhalten, Terrorismus, Separatismus und ausländische Einmischung kodifizieren soll. Damit tastet China erstmals die als Basic Law bekannte Hongkonger “Verfassung” ohne Umweg über das als Legislative Council (LegCo) bezeichnete Hongkonger Parlament an. Dabei scheint Peking zum Schluss gekommen zu sein, dass das LegCo angesichts der aufgeheizten politischen Stimmung und dem Widerstand in Teilen der Bevölkerung das Gesetz nicht selbst verabschiedet hätte. Lam steht zu PekingDie Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam hat indes das chinesische Vorgehen verteidigt. Das neue Sicherheitsgesetz werde die Unabhängigkeit der Justiz in Hongkong nicht beeinträchtigen, erklärte die Chinas Parteiführung gegenüber als hörig geltende Lam am Freitag. Die Regierung in Peking wolle damit vielmehr illegale Aktivitäten bekämpfen, die der nationalen Sicherheit schaden. Seit der Rückgabe an China im Jahr 1997 wird die vormals britische Kronkolonie Hongkong autonom in eigenen Grenzen unter chinesischer Souveränität nach dem Grundsatz “ein Land, zwei Systeme” verwaltet. Die im Zuge der Corona-Epidemie abgeflauten Hongkonger Straßenproteste könnten in Reaktion auf das neue Gesetzt nun wieder beginnen. Dies verstärkt auch die Unsicherheit am Finanzplatz Hongkong. Am Freitag knickte der Leitindex Hang Seng um 5,6 % ein, was den größten Tagesverlust seit der chinesischen Aktienmarktkrise im Jahr 2015 bedeutet.Die US-Regierung hat das neue chinesische Sicherheitsgesetz als Versuch der Untergrabung der Autonomie Hongkongs scharf kritisiert. Außenminister Mike Pompeo sprach von einer “Totenglocke für Hongkongs Autonomie”. Aufs Schärfste verurteilte er die Entscheidung des Volkskongresses, der Sonderverwaltungszone “unilateral und willkürlich das Sicherheitsgesetz aufzwingen zu wollen”. Die Entscheidung, das etablierte legislative Verfahren zu umgehen und den Willen der Einwohner Hongkongs zu ignorieren, so Pompeo, sei faktisch ein Todesurteil für jene Freiheiten, die unter der gemeinsamen chinesisch-britischen Erklärung zugesichert wurden.Es handele sich um einen klaren Verstoß gegen das Prinzip “ein Land, zwei Systeme”, sagte US-Präsident Donald Trumps Topdiplomat. Die US-Regierung fordere Peking daher auf, “dieses desaströse Ansinnen zu überdenken, internationale Verpflichtungen einzuhalten und Hongkongs hohes Maß an Autonomie ebenso wie seine demokratischen Institutionen und Bürgerrechte zu achten”. Die bereits schwer angeschlagenen Beziehungen zwischen Washington und Peking dürften durch den jüngsten Konflikt auf einen neuen Tiefpunkt gesunken sein. Neben andauernden Handelsstreitigkeiten hatten zuletzt die Coronavirus-Pandemie und vor allem deren wirtschaftlichen Auswirkungen bei Trump für erhebliche Irritationen gesorgt.