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Neuer US-Sanktionsreigen gegen Russland

Von Eduard Steiner, Moskau Börsen-Zeitung, 7.11.2017 Das US-Außenministerium hatte sich knapp einen Monat mehr Zeit gelassen als vereinbart und damit Unmut in den Reihen der Falken hervorgerufen. Ende Oktober legte das State Department dann die...

Neuer US-Sanktionsreigen gegen Russland

Von Eduard Steiner, MoskauDas US-Außenministerium hatte sich knapp einen Monat mehr Zeit gelassen als vereinbart und damit Unmut in den Reihen der Falken hervorgerufen. Ende Oktober legte das State Department dann die neue Sanktionsliste gegen Russland vor. 33 Unternehmen sind darin aufgelistet, die meisten von ihnen aus dem Rüstungssektor, die nun weitere Einschränkungen etwa bei der Kreditvergabe erfahren werden. Zusätzlich finden sich sechs Geheimdienstorganisationen und ihre kommerziellen Vorfeldorganisationen auf der Liste.Das State Department erfüllt mit dem Schritt die gesetzliche Vorgabe, die am 2. August unter dem Namen CAATS (Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act) von Präsident Donald Trump unterzeichnet worden war. Am 29. Januar sollen sie in Kraft treten.Die Liste war nur der erste Schritt, um den CAATS-Akt umzusetzen. Der zweite folgte schon wenige Tage später und betrifft den Ölsektor, der bereits sanktioniert war. Waren US-Bürgern bisher aber nur Kooperationen und Investitionen in russische Offshore-Ölprojekte untersagt, so sind es nun auch ausländische Projekte, sofern sanktionierte russische Betriebe an ihnen mehr als 33 % halten. Betroffen davon sind etwa Projekte in Norwegen oder in Mexiko.Moskau reagiert mit Kopfschütteln und demonstrativer Gelassenheit. Aber die Verunsicherung in der Wirtschaft ist doch da. Etwa in der amerikanischen. Man habe leider wenig Einfluss auf die politische Entscheidung gehabt, sagte Alexis Rodzianko, Chef der US-Außenhandelskammer in Moskau, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Immerhin gelang es uns, in das neue US-Sanktionsgesetz, das im August unterzeichnet wurde, einige Abschwächungen hineinzureklamieren”, so Rodzianko. Verunsicherte WirtschaftNoch verunsicherter scheinen die europäische und die deutsche Wirtschaft. So hat die Deutsch-Russische Außenhandelskammer (AHK) im September erhoben, dass von 193 befragten deutschen Firmen, die in Russland tätig sind, 97 % die neuen US-Sanktionen nicht nur negativ beurteilen, sondern als bedrohlicher einstufen als die alten, die 2014 erlassen worden waren. Das hat auch damit zu tun, dass man sich auf eine lange Zeit der Sanktionen einstellen muss, schließlich kann das neue Gesetz nicht mehr vom US-Präsidenten, sondern nur mehr vom Gesetzgeber aufgehoben werden. “Mindestens 20 Jahre” werden die US-Sanktionen nun bestehen, meint Rodzianko und zieht den Vergleich mit früheren US-Handelsbeschränkungen.Nicht nur die vermutlich lange Dauer der Sanktionen macht die Unternehmer unruhig, sondern auch ihr Wirkungsgrad. Schließlich sehen die neuen US-Sanktionen vor, dass nicht nur die sanktionierten russischen Konzerne mit Strafmaßnahmen bedroht werden, sondern auch ihre internationalen Handelspartner, so sie substanzielle Geschäfte mit den Russen betreiben und gleichzeitig welche in den USA haben. Im CAATS-Plan sind auch der Eisenbahn-, Transport-, Metallurgie- und Bergbausektor genannt.Von zentralem Interesse aber sind die Öl- und Gasbranche und der Bau von Exportpipelines. Am konkretesten betrifft das den Ausbau der Ostseepipeline Nord Stream. “Wir denken, dass diese Behinderungsmaßnahmen in erster Linie dazu da sind, Konkurrenz zu verhindern”, sagte kürzlich Russlands Energieminister, Alexander Nowak, im Interview mit der Börsen-Zeitung. “Die Sanktionen sind nicht gegen Russland, sondern gegen Europa gerichtet.”Noch direkter wurde im September Rainer Seele, AHK-Präsident und Chef der OMV, die gemeinsam mit Wintershall und anderen europäischen Partnern die Pipeline bauen will und bereits neue Finanzierungsvarianten sucht: “Nord Stream soll auf halber Strecke verhindert werden, damit die Europäer teureres amerikanisches Flüssiggas kaufen müssen”, so Seele. Das werde nicht gelingen, entgegnet Rodzianko im Gespräch: “Die USA werden kaum Schwierigkeiten machen. Im Sanktionsgesetz heißt es: Der Präsident kann darüber nachdenken, Sanktionen zu verhängen. Sie sind also nicht zwingend.” Toxische ZoneDas Hauptziel von CAATS ist freilich unverkennbar: Russische Konzerne sollen von ihren westlichen Partnern abgeschnitten werden, unter anderem, um den Transfer von Hochtechnologie zu verhindern. Von “Kreisen russischer Toxizität” schreibt die Zeitung “Wedomosti”: Die neuen Sanktionen “schaffen rund um Russland eine potenziell riesige toxische Zone und erhöhen für Ausländer deutlich das Risiko, mit russischen Firmen, die in die internationale Wirtschaftswelt eingebunden sind, zu arbeiten”.Das Gift der Angst schwebt jedenfalls in der Luft wie ein Damoklesschwert. Auch über dem Kapitalmarkt. Gebannt blicken Finanzinvestoren über den Atlantik, ob die USA sich zum angedrohten Verbot auf Investitionen in russische Staatsanleihen durchringen werden. Die Prüfung dieser Möglichkeit wurde ja ebenfalls im CAATS-Akt genannt. Der nötige Bericht an den Senat steht noch aus. “Es wäre wie eine Atombombe für den Finanzmarkt, zumal unklar ist, wie Russland darauf reagieren würde”, sagte Wjatscheslaw Smoljaninow, stellvertretender Chefanalyst der Investmentbank BCS Global Markets, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.