New York gegen den Rest der Welt
Es gibt gute Gründe, warum es pro Jahr Tausende von Amerikanern und Ausländern in diese Stadt zieht: weltoffen, bunt und energetisch – diese Attribute machen New York und sein Umland zum weltweiten Anziehungspunkt für jene, die den Wunsch und den Ehrgeiz haben, sich – in welcher Form auch immer – zu verwirklichen. Und es ist dieser Wunsch, der Menschen unterschiedlichster Herkunft und aus aller Herren Ländern vereint und mögliche, aus dieser Unterschiedlichkeit herrührende Barrieren überwinden lässt: New York ist eine tolerante Stadt mit einem hervorragenden Geschäftsklima.In letzter Zeit darf man sich allerdings fragen, ob die Politiker der Stadt und des Gliedstaates diese Attribute noch im Auge haben. Da wäre zunächst einmal der Gouverneur New Yorks, Andrew Cuomo. Dieser hat noch immer keinen Kurs finden können, wie und ob überhaupt in der Region künftig das in Schiefergesteinsformationen enthaltene Erdgas gefördert werden soll oder nicht. Vergangene Woche kündigte er an, dass nun eine weitere Gesundheitsstudie notwendig sei. Bei der Förderung von Erdgas aus Schiefergesteinen wird ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien mit Hochdruck in den Boden gepumpt, um im Stein eingeschlossenes Erdgas freizusetzen. Bei dem ganzen politischen Hin und Her haben sich bereits eine Reihe von Erdgasfirmen entschlossen, ihre Niederlassungen in der Region zu schließen und Hunderte von Mitarbeitern abzuziehen. *Und dann wäre da noch der Generalstaatsanwalt des Gliedstaates New York, Eric Schneiderman. Er ist zwar genau genommen kein Politiker, aber irgendwie dann doch: Das Richteramt ist in den USA ein Wahlamt, er wird also gewählt. Und außerdem ist es nicht abwegig, dass er politische Ambitionen hegt: Sein Vorgänger, Andrew Cuomo, hat es ja schließlich bis zum Gouverneursposten gebracht. Nun, Schneiderman hat in dieser Woche eine zivile Klage wegen Betrugs gegen Amerikas größte Bank, J. P. Morgan Chase, eingereicht. So langsam entsteht der Eindruck, dass der Finanzkrisenschlamassel für die New Yorker Staatsanwaltschaft ein gefundenes Fressen ist: In dem Maße, wie aus einer falschen Regulierung, einer mangelnden Aufsicht, einer missglückten Häuserpolitik seitens Washingtons und der Gier seitens der Banken sich eine Finanzkrise zusammenbrauen konnte, profitieren New Yorks Staatsanwälte nun davon, die Banken dafür zur Verantwortung ziehen zu können.Das ist ein gefundenes Fressen, an dem sich bereits Schneidermans Vorgänger gelabt haben – sichtlich mit höchstem Genuss. Kritiker warnen nun: Wenn die Banken in der Stadt kontinuierlich von der Staatsanwaltschaft vor Gericht gezerrt werden und vor allem auf – auch politisch – motivierte Feindseligkeiten stoßen würden, dann werde die Finanzindustrie irgendwann abwandern. Anlässlich von Schneidermans jüngstem Streich gegen J. P. Morgan und verbalen Hieben gegen die Finanzbranche meldete sich am Dienstag ein an der Wall Street beachteter Analyst zu Wort: Die Finanzindustrie in New York sei bereits ein Anachronismus. *Dann wäre da noch der Bürgermeister Michael Bloomberg, der den New Yorkern ja bekanntlich vorschreiben will, wie viel Cola oder andere Süßgetränke sie maximal zu sich nehmen dürfen. Ab März wird es in der Weltmetropole am Hudson die süßen Getränke nur noch in kleinen Portionen geben – maximal darf dann ein Trinkbecher soviel Cola enthalten, wie etwa in einer regulären Getränkedose enthalten ist. Das sind für amerikanische Verhältnisse homöopathische Dosen.Angesichts von Gouverneur Cuomos Zickzackkurs im wirtschaftlich bedeutenden Bereich der Erdgasförderung und angesichts der überflüssigen Feindseligkeit des Generalstaatsanwaltes Schneiderman gegenüber den Banken, ist Bürgermeister Bloombergs Groß-Getränkebann allerdings vernachlässigbar. Unverständlich bleibt allerdings, dass man ausgerechnet im ach so toleranten New York künftig keine Riesencola mehr kaufen kann – wo dort doch sonst alles möglich ist.