Nicht allein Optimismus
Es ist nur zum Teil eine Frage von Optimismus. Die Bundesregierung sieht die Entwicklung der deutschen Wirtschaft trotz ihrer nach unten korrigierten Wachstumszahl für dieses Jahr positiv. Der Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, Philipp Rösler (FDP), zeigte sich bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts überzeugt, dass auch in diesem Jahr “Deutschland ein Anker für Wachstum und Stabilität in Europa” bleibt. Die Opposition vermisst dagegen ein Szenario für den Fall einer mangelhaften Lösung der Krise.Statt mit 1,0 % – wie noch im Herbst prognostiziert – rechnet die Bundesregierung 2012 nur noch mit einem Plus von 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts. 2013 will Berlin jedoch mit einer um 1,6 % höheren Wirtschaftsleistung die Wachstumsdelle hinter sich gelassen haben, auch wenn der Wert nicht an die 3 % aus 2011 herankommt. Unterstützt wird die positive Nachricht durch die Erwartung einer günstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt – mit steigenden Beschäftigentenzahlen und sinkender Arbeitslosenquote -, wachsenden Einkommen und stabilen Preisen. Die Perspektive auf dem Arbeitsmarkt ist mit Blick auf die Konsolidierungspläne für den Bundeshaushalt keine ganz unbedeutende Nachricht: 2011 gingen zwei Drittel der unerwarteten Entlastungen bei den Bundesausgaben von knapp 10 Mrd. Euro auf diesen Bereich zurück.Hauptursache für die Wachstumsdelle im exportstarken Deutschland ist die schwache Entwicklung im Ausland. Somit ist der Rückgang nicht hausgemacht. Hauptrisiko für die Eintrittswahrscheinlichkeit der Prognose ist eine Verschärfung der europäischen Krise. Die Vorhersage der Regierung unterstellt, dass die Beschlüsse der EU-Staats- und Regierungschefs alle umgesetzt werden, die Lösung der Krise näher rückt und sich die Unruhe an den Finanzmärkten legt. Dazu gehört auch die weitere Regulierung der Finanzmärkte und die Stärkung des Bankensektors.Hier darf es nicht bei Optimismus bleiben. Vielmehr liegt es in der Hand der Bundesregierung, für die Realisierung der europäischen Reformen zu mehr Haushaltsdisziplin und verbesserter Wettbewerbsfähigkeit in den Mitgliedstaaten zu sorgen. Zudem ist Rösler nicht zu optimistisch, sondern bleibt in der Tradition seiner Vorgänger auf der vorsichtigen Seite. Die Wachstumserwartung liegt im Mittelfeld der Prognosen anderer Institutionen. Dies führt zu mehr Etatdisziplin, denn auch für Steuerschätzung und Haushaltsvollzug 2012 spielt die Prognosen eine wichtige Rolle.