"Nicht weit voneinander entfernt"
Die britische Premierministerin Theresa May hat sich im Unterhaus bemüht, die Hoffnung auf einen baldigen Abschluss der Austrittsverhandlungen mit der EU am Leben zu erhalten. Allerdings gibt es nach wie vor keine Einigkeit darüber, wie die künftige EU-Außengrenze durch Irland aussehen soll.hip London – Die britische Premierministerin Theresa May hat bei einem Auftritt im Unterhaus versucht, die Differenzen zwischen London und Brüssel in den Brexit-Verhandlungen kleinzureden. “Ich glaube nicht, dass Großbritannien und die EU weit voneinander entfernt sind”, sagte May. “Wir sind uns einig, dass Artikel 50 keine rechtliche Basis für eine dauerhafte Beziehung liefert.” Knackpunkt ist weiterhin die Ausgestaltung der künftigen EU-Außengrenze quer durch Irland.Brüssel fordert als Notlösung den Verbleib Nordirlands in der Zollunion, sollten sich beide Seiten auf nichts besseres einigen können. “Ich muss dazu in der Lage sein, den Menschen in Großbritannien in die Augen zu schauen und zu sagen, dass es sich bei dieser Notlösung um eine zeitlich begrenzte Lösung handelt”, sagte May. Sie erläuterte auf Nachfrage nicht, wie eine zeitliche Befristung aussehen soll, sondern wiederholte lediglich, dass man alles dafür tun werde, dass die Notlösung nicht zum Tragen komme. Sie könne auch keine Dauerlösung sein, sagte sie. Genau das befürchten ihre innerparteilichen Gegner, die davon ausgehen, dass Brüssel keine hinreichende Motivation hat, eine bessere Lösung zu finden, wenn bereits alle Forderungen der EU erfüllt wurden. “Zu Recht besorgt””Die Menschen sind zu Recht besorgt, dass das, was nur vorübergehend sein sollte, zur dauerhaften Hängepartie werden könnte – ohne dass sich Großbritannien und die EU je auf neue Handelsbeziehungen einigen”, gab May zu. “Ich sage klar: Wir werden nicht dauerhaft in einem gemeinsamen Zollgebiet gefangen sein, das es uns unmöglich macht, bedeutsame Handelsabkommen zu schließen.” May sagte auf Nachfrage auch, dass sie gegen eine Verlängerung der Frist für den Austritt nach Artikel 50 des Vertrags von Lissabon sei. Ihr Brexit-Sherpa Oliver Robbins und sein Gegenüber bei der EU, Sabine Weyand, haben noch harte Verhandlungen vor sich.Es gebe eine “breite Übereinkunft zu Struktur und Umfang” der künftigen Handelsbeziehungen, sagte May. Oppositionsführer Jeremy Corbyn nannte die Übergangsphase nach dem Austrittsdatum eine “Brücke ins Nichts”, solange nicht klar sei, wie die künftigen Beziehungen aussehen sollten. Bei den Brexiteers ist das Misstrauen so groß, dass sie die jüngste Verhandlungspause für inszeniert halten. Der Unterhausabgeordnete Steve Baker ließ seine Mitstreiter von der European Research Group wissen, dass es sich “nahezu mit Sicherheit um Theater” handele, durch das die Kapitalmärkte in Unruhe versetzt werden sollen, um die Abgeordneten dazu zu bringen, die “unakzeptable” Notlösung für Nordirland und den Chequers-Plan zu akzeptieren. Die Denkfabrik Open Europe teilte mit, dass ein “No Deal”-Brexit ein “vergleichsweise mildes negatives wirtschaftliches Ereignis” wäre. Sie geht davon aus, dass das reale Wirtschaftswachstum in den 13 Jahren bis 2030 dadurch lediglich um 0,17 Prozentpunkte jährlich gemindert würde. Sollte die Regierung die schädlichen Auswirkungen durch die einseitige Liberalisierung des Außenhandels lindern, ließe sich dieser Wert auf 0,04 senken. Unterdessen kürzte der EY Item Club erneut seine Schätzung für das Wachstum im laufenden Jahr. Trauten die Ökonomen Großbritannien noch eine Expansion um 1,4 % zu, so rechnen sie inzwischen nur noch mit 1,3 %.