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Nigel Farage verabschiedet sich erneut

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 5.7.2016 Nigel Farage (52) hat sich nach dem Sieg der Brexit-Befürworter beim britischen EU-Referendum zumindest teilweise aus dem politischen Leben verabschiedet. Der Führer der UK Independence Party...

Nigel Farage verabschiedet sich erneut

Von Andreas Hippin, LondonNigel Farage (52) hat sich nach dem Sieg der Brexit-Befürworter beim britischen EU-Referendum zumindest teilweise aus dem politischen Leben verabschiedet. Der Führer der UK Independence Party legte sein Amt mit der Begründung nieder, seine politischen Ziele habe er erreicht. Ihm sei es um Selbstbestimmung für sein Land gegangen, nicht um eine Karriere in der Politik. “Ich will mein Leben zurück, und es beginnt jetzt”, sagte Farage in London.Seinen Sitz im Europäischen Parlament, der ihm ein reichlich bemessenes Einkommen beschert und den er seit 1999 innehat, will er jedoch bis zum Ende der Legislaturperiode behalten. Nach Bekanntwerden des Ergebnisses der Volksabstimmung hielt er dort eine Siegesrede, in deren Verlauf er den anderen Europaparlamentariern unter anderem vorwarf, nie einer ordentlichen Arbeit nachgegangen zu sein. “Als ich vor 17 Jahren hierher kam und sagte, dass ich eine Kampagne anführen will, um Großbritannien aus der EU zu führen, haben Sie alle über mich gelacht”, sagte Farage. “Heute lachen Sie nicht mehr, oder?” Von Johnson verdrängtIm Wahlkampf vor dem Referendum über die EU-Mitgliedschaft spielte Farage keine große Rolle mehr, nachdem sich der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson an die Spitze von “Vote Leave” gesetzt hatte. Allerdings setzte er mit einem Wahlkampfplakat, das einen Flüchtlingstreck durch Slowenien zeigte und die Überschrift “An der Zerreißgrenze – Die EU hat uns alle im Stich gelassen” trug, fremdenfeindliche Akzente.Wie lange es der ehemalige Commodity Trader aus der Londoner City aushalten wird, nicht mehr im Scheinwerferlicht zu stehen, wird sich zeigen. Er war bereits 2009 von seinem Amt an der Parteispitze zurückgetreten, wurde aber im Jahr darauf wiedergewählt. Als er bei den Wahlen im vergangenen Jahr nicht für den Wahlkreis South Thanet ins Unterhaus gewählt wurde, wollte er sich auch schon zurückziehen, blieb aber, nachdem die Partei seinen Rücktritt nicht annahm. Nun sagte er, die Chancen, dass er noch einmal antreten würde, stünden “zwischen null und nichts”.Farage verließ die konservative Partei nach Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht 1992. Für Ukip war das Böse, das Brüssel über die Insel gebracht hat, stets Thema Nummer 1. Die EU sei nicht mehr der Handelsblock, dem sich Großbritannien einmal angeschlossen habe, lautete Farages Mantra. Sie kontrolliere heute Bereiche wie Energiepolitik oder das Thema Zuwanderung, was man nie für möglich gehalten habe. Steilvorlage von CameronDie vom konservativen Premierminister David Cameron Ende 2013 aktiv geschürten Ängste vor einer Masseneinwanderung bulgarischer und rumänischer Armutsflüchtlinge kamen Farage gelegen. Camerons Wahlkampfversprechen, ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft abzuhalten, erwies sich als Steilvorlage. Dabei wolle er nur Euroskeptiker in der eigenen Partei ruhigstellen.Galt Ukip lange Zeit als Partei frustrierter Konservativer, schafft sie es mittlerweile, diejenigen für sich zu gewinnen, die sich ungerecht behandelt fühlen. Farage, der unter anderem für Drexel Burnham Lambert tätig war, ließ keine Gelegenheit ungenutzt, sich mit Zigarette in der einen und einem Bier in der anderen Hand als Mann des Volkes zu gerieren. Seinen Gegenspielern wurde das von ihren Wahlkampfberatern ausgetrieben. Wer raucht und trinkt ist schließlich kein gutes Vorbild für die Jugend. Seine Empfehlung an seinen Nachfolger? Ukip müsse der Versuchung widerstehen, zu einer aggressiven völkischen Partei zu werden.