KOMMENTAR

Noch mehr Transparenz

Jetzt also doch: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das bislang geheime Anfa-Abkommen über Wertpapierkäufe der nationalen Zentralbanken, das in den vergangenen Wochen und Monaten vor allem in Deutschland für extrem viel Aufregung gesorgt hatte,...

Noch mehr Transparenz

Jetzt also doch: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das bislang geheime Anfa-Abkommen über Wertpapierkäufe der nationalen Zentralbanken, das in den vergangenen Wochen und Monaten vor allem in Deutschland für extrem viel Aufregung gesorgt hatte, veröffentlicht. Der Schritt ist absolut richtig und war überfällig: Die Geheimniskrämerei war einer Zentralbank anno 2016 nicht würdig – und passte erst recht nicht zu einer EZB, die sich mehr Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat. Die EZB sollte sich aber nicht zu früh freuen: Die Debatte über Anfa und eine mögliche verdeckte monetäre Staatsfinanzierung dürfte damit nicht final ad acta gelegt sein – dafür muss noch mehr kommen.Lange Zeit hatte die EZB die Diskussion über die Vereinbarung treiben lassen. Schlimmer noch: Mit einer teils völlig missratenen Kommunikation, auch von EZB-Präsident Mario Draghi selbst, hatte sie Spekulationen befeuert, es gebe doch etwas zu verbergen – trotz aller gegenteiligen Beteuerungen. Vor dem Hintergrund ist auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung am Freitagabend gegen 21 Uhr mindestens sehr unglücklich – auch wenn dafür (aufwendige) interne Arbeitsabläufe verantwortlich sein mögen.Wichtiger aber ist, dass die Vereinbarung jetzt öffentlich ist. Als das Abkommen beschlossen wurde, mag es viele gute Gründe gegeben haben für die Geheimhaltung. Spätestens mit dem Vorwurf des klammheimlichen Verstoßes gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung aber überwogen die Argumente pro Offenlegung – zumal die EZB ohnehin im Verdacht steht, klammen Staaten und Banken allzu eilfertig zur Seite zu springen.Trotzdem ist keineswegs alles in Butter: Zum einen hätte man sich mehr Informationen gewünscht. EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio beispielsweise hatte zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung offengelegt, dass Ende 2014 weniger als die Hälfte der damaligen Anfa-Anlagen in Höhe von 534 Mrd. Euro auf Staatsanleihen entfiel. Nun hat die EZB lediglich mitgeteilt, dass sich das Volumen Ende 2015 auf 490 Mrd. Euro belief – aber nichts zur Aufteilung. Da ist in Sachen Transparenz für die EZB noch Luft nach oben.Vor allem aber sind einige zentrale Fragen weiterhin nicht vollends geklärt. Das gilt etwa für die Frage, warum einige nationale Notenbanken wie jene in Frankreich oder Italien so viel mehr Gebrauch von Anfa machten als andere – wie etwa die Bundesbank. Noch mehr aber trifft das zu für die Frage, warum ausgerechnet in den Jahren der Finanz- und der Euro-Krise die Anfa-Volumina so deutlich angestiegen sind. Da ist definitiv mehr Erklär- und Überzeugungsarbeit nötig. Gefragt sind da nun an vorderster Stelle die nationalen Zentralbanken. Jetzt, wo offengelegt ist, was grundsätzlich vereinbart ist, muss auch transparenter werden, was tatsächlich passiert. Das letzte Wort in Sachen Anfa darf mit der Veröffentlichung noch nicht gesprochen sein.