Nordirische Unionisten machen Theresa May Druck
hip London – Die nordirischen Unionisten haben Premierministerin Theresa May diese Woche gezeigt, was passiert, wenn sie sich über ihre Anliegen hinwegsetzt. Am Mittwochabend enthielten sich die Abgeordneten der Democratic Unionist Party (DUP), ohne die May nicht regieren kann, bei der Abstimmung über einen Änderungsantrag von Labour zum Agrargesetz. Mittlerweile steht die Drohung im Raum, am 29. Oktober gegen den Haushalt von Schatzkanzler Philip Hammond zu stimmen. Es geht um die künftige Gestaltung der EU-Außengrenze, die ab Ende März 2019 quer durch die Grüne Insel verläuft.Brüssels Verhandlungsführer Michel Barnier hatte zuvor erklärt, eine Einigung über die Austrittsvereinbarung zwischen Großbritannien und Resteuropa sei “bis Mittwoch, den 17. Oktober, in greifbarer Nähe”. Allerdings seien zusätzliche Kontrollen im Güterverkehr zwischen Nordirland und Großbritannien erforderlich. Die Unionisten lehnen regulatorischen Barrieren zwischen Nordirland und Restbritannien strikt ab. “Wir werden künftige Generationen nicht mit einem Deal belasten, der die Position von Nordirland im Vereinigten Königreich verschlechtern”, sagte die Parteichefin Arlene Foster nach einem Treffen mit Guy Verhofstadt, dem Brexit-Koordinator des Europäischen Parlaments. Zuvor hatte sie bereits von “blutroten Linien” gesprochen. May ist jedoch offenbar entschlossen, dem Verbleib Nordirlands im gemeinsamen Markt zuzustimmen, bis sich beide Seiten auf eine bessere Lösung einigen können. Großbritannien soll angeblich bis zum Abschluss eines Freihandelsabkommens in einer Zollunion mit der EU bleiben, die sich nur dem Namen nach von der bestehenden unterscheidet. In groben Zügen hatte sich das bereits vergangene Woche abgezeichnet (vgl. BZ vom 6. Oktober). “Sträfliche Naivität”Ivan Rogers, der ehemalige ständiger Vertreter Großbritanniens in Brüssel, warf May “sträfliche Naivität” bei den Verhandlungen mit Brüssel vor. “Zweieinhalb Jahre nach dem Referendum haben wir uns, sowohl beim Handelsabkommen mit der EU als auch bei anderen Abkommen für die Zeit nach dem Brexit, im Wahlkampfmodus auf Fantasy Island verloren”, sagte Rogers. Man habe offenbar nicht geglaubt, dass die EU ihre Muskeln spielen lassen könnte, um zu verhindern, dass Großbritannien den gemeinsamen Markt unterminiert. Ebenso falsch sei es gewesen, daran zu glauben, dass die Interessen von großen Mitgliedstaaten wie Deutschland Vorrang vor den Interessen des Blocks haben würden. Komme die vereinbarte Übergangsphase bis Ende 2020 zustande, werde Brüssel erneut abwarten, um den Druck auf London zu erhöhen, Zugeständnisse zu machen. Es werde “in der Hoffnung, dass Großbritannien vor den Wahlen verzweifelt genug ist, ihn anzunehmen” einen schmalen Deal anbieten, der sich noch stärker an den Eigeninteressen der EU orientiere.Aus Sicht des ehemaligen Außenministers Boris Johnson würde das Land dadurch zu einer “permanenten Kolonie der EU”. Die Verfechter eines klaren Schnitts mit der EU versuchen, sich mit den nordirischen Unionisten abzustimmen. May rief in der wöchentlichen Fragestunde des Parlaments alle Abgeordneten auf, “das nationale Interesse an die erste Stelle zu setzen”, wenn ihre Regierung einen Brexit-Deal zur Abstimmung vorlege. Bis zu 30 Labour-Abgeordnete erwägen angeblich, ihr zu einer Mehrheit zu verhelfen.Mays rief am Donnerstagnachmittag ihr “Kriegskabinett” zusammen. Manche fürchten dem “Daily Telegraph” zufolge, dass sie bei der Zusammenkunft auf einen Deal eingeschworen werden sollen, der dem gesamten Kabinett in der kommenden Woche als Fait accompli vorgestellt werden könnte.