Notenbanken treiben digitales Geld voran
Notenbanken treiben digitales Geld voran
Neue BIZ-Umfrage: 93 Prozent der Zentralbanken engagieren sich – Bis 2030 könnten 24 Digital-Währungen in Umlauf sein
Neben dem Kampf gegen die aktuell zu hohe Inflation ist die Zukunft des Geldes derzeit ein zweites dominierendes Thema für die Zentralbanken weltweit. Eine neue Umfrage der Zentralbank der Zentralbanken BIZ zeigt nun, wo es in Sachen digitales Zentralbankgeld Fortschritte gibt – und wo nicht.
ms Frankfurt
Weltweit arbeiten immer mehr Notenbanken an digitalem Zentralbankgeld und bis zum Jahr 2030 könnten bereits 24 solcher Währungen in Umlauf sein. Das ist das Ergebnis der jährlichen Umfrage der Zentralbank der Zentralbanken BIZ zum Thema digitales Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) und Kryptoassets, die am Montag veröffentlicht wurde. Der Fokus liegt dabei laut Umfrage zunehmend auf digitalem Zentralbankgeld, das allen Bürgern zugänglich ist („Retail CBDC“) – im Unterschied zu solchem für den Interbanken-Zahlungsverkehr („Wholesale CBDC“).
Sorge ums Geldmonopol
Neben dem Kampf gegen die aktuell zu hohe Inflation ist die Zukunft des Geldes derzeit ein zweites dominierendes Thema für die Zentralbanken weltweit. Hintergrund ist die rasante Digitalisierung, die durch die Corona-Pandemie noch einen Schub bekommen hat. Eine Rolle spielt zudem der Aufstieg vieler Kryptoassets, die teilweise das staatliche Geldmonopol in Zweifel ziehen. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) steuert auf einen digitalen Euro zu. Einige Beobachter und auch manche Notenbanker zweifeln aber am Nutzen und warnen vor Risiken für das Finanzsystem. Der Inselstaat Bahamas war 2020 weltweit das erste Land, das mit dem Sand Dollar offiziell eine Digitalversion seiner Währung einführte.
Erst vor wenigen Tagen hatten die BIZ selbst und der Internationale Währungsfonds (IWF) die Debatte über die Zukunft des Geld- und Finanzsystems und die Einführung digitalen Zentralbankgelds noch einmal deutlich befeuert. Die beiden Institutionen veröffentlichten unabhängig voneinander Berichte, die radikale Änderungen in der Finanzarchitektur vorschlagen – wobei digitalem Zentralbankgeld jeweils eine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BZ vom 21. Juni).
Die neue BIZ-Umfrage belegt nun, dass sich immer mehr Notenbanken mit dem Thema beschäftigen. Der Anteil legte im Jahr 2022 noch einmal zu von 90% auf 93%. Noch 2017 hatte der Anteil bei gerade mal 65% gelegen. Zudem hätten mehr als die Hälfte der befragten 86 Notenbanken mit Digitalwährungen experimentiert oder an einem Pilotprojekt gearbeitet, so die BIZ. Gestiegen ist laut BIZ der Anteil der Zentralbanken, die innerhalb der nächsten drei Jahre die Einführung einer eigenen Digitalwährung planten. Größer geworden ist allerdings auch der Anteil an Notenbanken, die so bald keine eigene Digitalwährung an den Start bringen wollen. Bundesbankpräsident Joachim Nagel hatte vor wenigen Tagen gesagt, dass der digitale Euro in etwa vier Jahren zur Verfügung stehen könnte; eine finale Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Einführung steht noch aus. Ende Juni hatte die EU-Kommission Vorschläge für einen digitalen Euro gemacht (vgl. BZ vom 29. Juni).
Weltweit ist laut BIZ die Arbeit an Retail-CBDCs weiter fortgeschritten als an Wholesale-CBDCs: Fast ein Viertel der Zentralbanken testet demnach bereits digitales Zentralbankgeld für alle. Mehr als 80% der Zentralbanken sehen laut BIZ einen potenziellen Nutzen darin, sowohl ein Retail-CBDC als auch ein schnelles Zahlungssystem zu haben – „vor allem, weil ein Retail-CBDC besondere Eigenschaften hat und zusätzliche Funktionen bieten kann“. Wenn sich die Entwicklung so wie aktuell fortsetze, könnten bis Ende des Jahrzehnts laut BIZ 24 staatliche Digitalwährungen existieren – 15 davon auch für die Bürger direkt abrufbar und 9 als Verrechnungseinheit zwischen den Geschäftsbanken. Aktuell verfügen bereits vier Länder über eigene Digitalwährungen, auf die auch die Bürger Zugriff haben: Neben den Bahamas sind dies die Organisation Ostkaribischer Staaten (darunter Grenada und Montserrat), Jamaika und Nigeria.