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Notenbanker Saccomanni wird Finanzminister

Thesy Kness-Bastaroli,Mailand Börsen-Zeitung, 30.4.2013 Der 70-jährige Generaldirektor der italienischen Notenbank, Fabrizio Saccomanni, wird Wirtschafts- und Finanzminister in der neuen Regierung von Enrico Letta. Damit tritt er in die Fußstapfen...

Notenbanker Saccomanni wird Finanzminister

Thesy Kness-Bastaroli,MailandDer 70-jährige Generaldirektor der italienischen Notenbank, Fabrizio Saccomanni, wird Wirtschafts- und Finanzminister in der neuen Regierung von Enrico Letta. Damit tritt er in die Fußstapfen seiner renommierten Vorgänger wie etwa Carlo Azeglio Ciampi, Guido Carli oder Lamberto Dini, welche als Notenbank-Topmanager in den vergangenen 20 Jahren ebenfalls das Amt des Wirtschaftsministers bekleideten. Zweifellos ist Saccomanni der erste Poet, der zum Wirtschaftsminister avancierte. Denn in seiner Freizeit schreibt der gebürtige Römer Gedichte. Ein Sonett hatte er seinem großen Vorbild, Carlo Azeglio Ciampi, zu dessen 80. Geburtstag gewidmet. Fokus auf WachstumSaccomanni ist einer der wenigen Techniker in der neuen Koalitionsregierung von Letta. Staatspräsident Giorgio Napolitano bestand auf seiner Nominierung. Offensichtlich wird der Notenbanker den von Ex-Regierungschef Mario Monti eingeschlagenen Reform- und Schuldenabbau-Kurs fortsetzen. Allerdings will Saccomanni den Fokus seiner Strategie auf Wachstum setzen. Ihm schwebt ein Bündnis zwischen Banken, Unternehmen und Verbrauchern vor, “um den psychologischen Unsicherheitsfaktor” zu beseitigen. Denn die allgemeine Verunsicherung habe in den vergangenen Monaten nicht nur Investitionen und Verbrauch gebremst, sondern auch die Kreditvergabe der Banken verlangsamt.Saccomanni ist überzeugt, dass koordinierte Maßnahmen das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherstellen und damit das Wachstum lancieren werden. Unter anderem will der Notenbanker den Steuerdruck erleichtern, rigorose Ausgabenschnitte in der öffentlichen Verwaltung einführen und dem Arbeitsmarkt neue Impulse verleihen.Zweifellos kann Saccomanni auch mit der Unterstützung der EZB rechnen. Er war schließlich jahrelang enger Mitarbeiter von EZB-Chef Mario Draghi. Es gilt als offenes Geheimnis, dass ihm die Bundesbank oftmals ein Dorn im Auge ist. Bereits 2011 galt er als Favorit für den Chefposten der Banca d’Italia. Da er aber nicht in das Konzept des damaligen Wirtschaftsministers Giulio Tremonti passte, wurde er kurzerhand übergangen. Saccomanni nahm die Niederlage mit dem ihm eigenen Humor auf und meinte, wer wisse, wozu dies gut sei. Inzwischen wurde dem Generaldirektor auch die Kontrolle über die Versicherungsaufsicht übertragen. Nun muss die Banca d’Italia nach einem neuen Generaldirektor Ausschau halten. Vizedirektor Salvatore Rossi werden dabei die besten Chancen eingeräumt.Kurz nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Mailänder Elite-Universität Bocconi trat Saccomanni 1967 in den Dienst der Notenbank ein. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Mailänder Filiale entsandte ihn der damalige Notenbankchef Guido Carli zum IWF nach Washington. Ab 1976 stand Saccomanni der volkswirtschaftlichen Abteilung der Banca d’Italia vor. Als Zentraldirektor für die Auslandsvertretungen der Notenbank (1997) bereitete er mit dem einstigen Notenbank- und späteren Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi die Strategie zum Eintritt Italiens in die Eurozone vor.In der Banca d’Italia erzählt man sich, dass der extrovertierte Banker manchmal auch schlechter Laune ist. Das trifft vor allem zu, wenn sich der Feinschmecker einer seiner selbst auferlegten Diäten unterzieht. In seinem Buch “Globale Tiger und nationale Dompteure” sah er bereits im Jahr 2000 die globale Wirtschaftskrise mit ihren Konsequenzen voraus. Das Buch widmete er seiner Frau, weil sie sich so gut um die “private Haushaltswirtschaft” kümmert.