AUTOINDUSTRIE

Notwendiges Ende

Eines zumindest hat die beim Diesel teilweise betrügende, zumindest tricksende und unter Kartellvorwürfen stehende Autoindustrie geschafft: Wie gegenseitig abgesprochen, wettert die Politik gegen die Autobauer. Bundesverkehrsminister Alexander...

Notwendiges Ende

Eines zumindest hat die beim Diesel teilweise betrügende, zumindest tricksende und unter Kartellvorwürfen stehende Autoindustrie geschafft: Wie gegenseitig abgesprochen, wettert die Politik gegen die Autobauer. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) fordert, BMW, Daimler, VW & Co hätten eine “verdammte Verantwortung, das Vertrauen wiederherzustellen und die begangenen Fehler zu beheben”. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz beklagt, zwischen Kraftfahrt-Bundesamt und Autoindustrie herrsche eine “absurde Kumpanei”. Und Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, geht selbstverständlich davon aus, dass die Industrie “die Kosten für die Nachrüstung tragen” müsse. Jeden dieser Sätze könnten auch die anderen Parteien unterschreiben. So viel Wut war selten gegenüber einer Branche, die wie wenige andere für Beschäftigung und Wohlstand hierzulande steht.Das genau ist das Problem der Politik: Wer 800 000 zumeist gut bezahlte Arbeitsplätze stellt und einen Gutteil der deutschen Exporte, darf auf Nachsicht hoffen und Gegenleistungen erwarten, wie die Unterstützung der Bundeskanzler bei (sprich: gegen) Brüsseler Vorgaben. So zumindest lautete das bisherige Do-ut-des. Doch diese Formel “Ich gebe, damit du gibst” ist als soziale Verhaltensstrategie nur so lange gültig, wie sich beide Seiten daran halten. Betrügt oder trickst eine Seite oder spricht sich zulasten der anderen ab, entfällt die Geschäftsgrundlage.Folglich darf sich die bestens verdienende Branche nicht wundern, wenn die Berliner Koalition vom Diesel-Gipfel mehr erwartet, als dass die Autobauer zur Minderung der Stickoxid-Belastung ihre Software nachbessern. Schon diese vergleichbar günstige Lösung beläuft sich angesichts der Anzahl der betroffenen Pkw auf einen Milliardenbetrag. Das aber wird nicht reichen – ist auch die Vorgabe des Verwaltungsgerichts Stuttgart, das andernfalls mit einem ganzjährigen Fahrverbot für ältere Diesel-Autos droht. Wie schwer das notwendige Ende der Kumpanei zwischen Industrie und Politik fällt, zeigt sich im BMW-Land Bayern und in Niedersachsen, wo die jeweiligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) und Stephan Weil (SPD) – der zugleich im VW-Aufsichtsrat sitzt – Steueranreize für modernste Euro-6-Diesel fordern. Solche Gefälligkeiten auf Steuerzahlerkosten müssen vorbei sein. Die Branche selbst hat größtes Interesse an Nachbesserungen, will sie vermeiden, dass der Diesel-Absatz noch heftiger einbricht als heute schon.