EU-HAUSHALTSREGELN

Nur ein wenig Kosmetik

Die Haushalts- und Verschuldungsregeln im Euroraum sind nach der Finanzkrise mit immer neuen Regulierungen ergänzt worden, so dass das Handbuch zur Interpretation des Stabilitäts- und Wachstumspakts mittlerweile über 100 Seiten lang ist. Die...

Nur ein wenig Kosmetik

Die Haushalts- und Verschuldungsregeln im Euroraum sind nach der Finanzkrise mit immer neuen Regulierungen ergänzt worden, so dass das Handbuch zur Interpretation des Stabilitäts- und Wachstumspakts mittlerweile über 100 Seiten lang ist. Die Komplexität der heutigen Regeln mit immer neuen Kennzahlen verstehen im Detail wohl nur noch wenige Experten. Analysen haben zudem ergeben, dass die Vorgaben aus Brüssel in vielen Fällen prozyklisch wirken und negative Auswirkungen auf die öffentlichen Investitionen haben – allen voran in den hoch verschuldeten Ländern. Von daher ist eigentlich nur zu begrüßen, dass die EU-Kommission das Regelwerk nun noch einmal auf den Prüfstand stellt. Eine Reform könnte für einfachere, klarere und effektivere Vorgaben sorgen.Die Prognose fällt in diesem Fall allerdings nicht so schwer: Herauskommen wird bei dieser Überprüfung wenig. Mehr als kosmetische Änderungen bei der Umsetzung sind kaum zu erwarten. Dies hat vor allem damit zu tun, dass es in allen europäischen Institutionen höchst unterschiedliche Sichtweisen gibt, welche Ziele der Stabilitäts- und Wachstumspakt verfolgen und welche Instrumente er hierfür erhalten sollte. Die Komplexität gibt der EU-Kommission derzeit die Flexibilität, bei einigen Schuldensündern auch einmal ein Auge zuzudrücken. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni würde diese Flexibilität gerne noch erweitern und künftig auch noch Klimaschutzinvestitionen aus der Verschuldung herausrechnen dürfen – wohl wissend, wie viele Milliardenprojekte plötzlich grün angestrichen daherkommen. Andere in der Kommission würden diese Büchse der Pandora gerne geschlossen halten, weil sie die Gefahren für die Finanzstabilität kennen und eine neue Schuldenkrise befürchten.Auch unter den EU-Finanzministern sowie im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments gibt es keine einheitliche Antwort auf die Frage, ob die Etatregeln in erster Linie der Stabilität oder dem Wachstum oder gar politischen Prioritäten wie dem Klimaschutz dienen sollen. Dies macht eine Einigung auf Reformen so schwierig.Die Verschuldungssituation hat sich seit der Krise ja schon deutlich verbessert: Heute gibt es kein EU-Land mehr in einem Verfahren wegen eines exzessiven Defizits. 2011 waren es noch 24. Die durchschnittlichen Budget-Defizite sinken Jahr für Jahr. Dass das Regelwerk aber anfällig ist, hat im vergangenen Jahr Italien mit seinem Budgetstreit mit der EU-Kommission noch einmal mehr als deutlich gemacht.