ITALIEN

Nur eine Beruhigungspille

Der Druck der Finanzmärkte war zu stark. Italiens Regierung ist etwas zurückgerudert und hat ihre Defizitziele für 2020 und 2021 auf 2,1 bzw. 1,8 % zurückgenommen. Für 2019 bleibt sie bei den angekündigten 2,4 %. Das ist dreimal so hoch wie der...

Nur eine Beruhigungspille

Der Druck der Finanzmärkte war zu stark. Italiens Regierung ist etwas zurückgerudert und hat ihre Defizitziele für 2020 und 2021 auf 2,1 bzw. 1,8 % zurückgenommen. Für 2019 bleibt sie bei den angekündigten 2,4 %. Das ist dreimal so hoch wie der Wert, den die Vorgängerregierung angepeilt hatte.Kurzfristig hatte Rom damit Erfolg. Der Spread zwischen deutschen und italienischen Zehnjahresanleihen ging von über 300 auf über 280 Basispunkte zurück. Doch das ist keine Entwarnung. Denn Vernunft darf man von dieser Regierung nicht erwarten.Die Vizepremiers Luigi Di Maio und Matteo Salvini liefern sich Scharmützel vor allem mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Beide seien Bürokraten ohne demokratische Legitimation. Der 5-Stelle- und der Lega-Chef sind sich nach außen einig, aber nach innen uneins. Die Regierung ist nicht in der Lage zu beziffern, wie viel Geld in welche Maßnahme fließen soll und wie das finanziert werden soll. Wirtschaftsminister Giovanni Tria bleibt viele Antworten schuldig und hat jede Glaubwürdigkeit verloren. Der Europa-Gegner Paolo Savona wird schon als sein Nachfolger gehandelt. Auch die Wachstumsraten, von denen Rom ausgeht, sind völlig unrealistisch. In Wahrheit wird das Defizit viel höher ausfallen.Die Ratingagenturen Moody’s und S & P dürften das alles in ihrem baldigen Urteil berücksichtigen. Mit großer Sicherheit werden sie Italien herabstufen – ob auf Ramschniveau oder nicht. Natürlich braucht Italien Wachstum, aber die populistische Gleichung, mehr Ausgaben erzeugen mehr Wachstum, geht so sicher nicht auf – zumal ein Großteil der geplanten Maßnahmen in konsumtive Ausgaben fließt, nicht in eine Verbesserung der Strukturen oder der Wachstumsbedingungen. Die EU hat Italien in der Vergangenheit Mittel für Investitionen zugestanden. Doch sie wurden von der schwerfälligen und ineffizienten Bürokratie nicht abgerufen.Anders als Belgien hat Italien die Niedrigzinsjahre nicht zum Schuldenabbau genutzt, sondern sie seit 2007 um über 30 % erhöht. Und die neue Regierung dreht die wenigen positiven Maßnahmen der Vorgänger – Rentenreform, Liberalisierung des Arbeitsmarktes oder großzügigere Sonntagsöffnungszeiten – sogar zurück und fördert lieber soziale Assistenzmaßnahmen. Italiens Regierung will die Märkte beruhigen, weil Unternehmen und Bürger besorgt sind. Doch ihren grundsätzlichen Kurs, der in die genau falsche Richtung geht, setzt sie fort.