Obamas Mission: Macris Präsidentschaft muss ein Erfolg werden

Die USA setzen auf Argentinien als neuen ökonomischen Verbündeten in Südamerika - Die Zeit läuft dem neuen Regierungschef davon

Obamas Mission: Macris Präsidentschaft muss ein Erfolg werden

Von Andreas Fink, Buenos AiresBarack Obama konnte den Regenschirm in seinem Jumbo lassen. Auf der zweiten Station seiner Latino-Tournee herrschte freundlicheres Wetter als auf Kuba. Und auch sonst fiel der erste US-Staatsbesuch in Argentinien nach 18 Jahren sonniger aus als die historische Visite in Castros Kuba. In Buenos Aires wartete ein Präsident, der die Abschottungspolitik seiner Vorgänger beenden will. Dass Barack Obama nur 100 Tage nach Mauricio Macris Amtsübernahme persönlich kommt ist ein Signal für den ganzen Kontinent.Seitdem der erste postpopulistische Präsident Südamerikas am 10. Dezember antrat, “normalisiert” er das 40-Millionen-Land. 18 Stunden nach Amtsübernahme strich er Ausfuhrzölle und in der ersten Dienstwoche kassierte er die Devisenkontrollen und wertete den Peso ab. Seitdem folgte ein Stakkato von Maßnahmen, die 10 000 Kilometer weiter nördlich Begeisterung auslösten. “Macri hat mich sehr beeindruckt mit seiner Energie”, sagte Obama nach seinem einstündigen Treffen im Regierungspalast an der historischen Plaza de Mayo.Dass der rationale, distanzierte und spröde Macri in dem emotionalen Argentinien siegen konnte, war eher eine Folge von Kirchners Versagen als eigene Verführungskunst. In Washington erkannte man diesen nicht wirklich eingeplanten Sieg als Glücksfall und beschloss zu helfen, so gut es eben geht. Dass Macris Emissäre in New York die Schuldenverhandlungen mit den Holdouts binnen eines Monats über die Bühne brachten, war einem Schwenk der US-Justiz zu danken, den viele Beobachter auf deutlichen Druck aus Washington zurückführten.Vorige Woche beschloss Argentiniens Kongress die Abschaffung jener zwei Gesetze, die dem etwa zehn Milliarden US-Dollar teuren Kompromiss noch im Wege standen. Dass Macri dabei 165 der 251 abgegebenen Voten bekam, war ein riesen Erfolg, denn seine eigene Koalition “Cambiemos” (für den Wandel) hält nur etwa 90 Sitze. Kommende Woche muss der Senat zustimmen, dort ist Macris Mannschaft noch spärlicher vertreten. Dennoch wird mit einer Zustimmung gerechnet, weil viele Provinzen nach vier Jahren Rezession bezahlbare Kredite von den Finanzmärkten brauchen.Argentiniens zerrüttete Infrastruktur muss verbessert werden. Macri verspricht, dass eine Öffnung des Landes und ein neuer Zugang zu den Finanzmärkten das Land für Investitionen öffnet – aus dem Ausland, aber auch von den wohlhabenden Argentiniern, die etwa 400 Mrd. Dollar außerhalb des offiziellen Finanzsystems gebunkert haben.In Washington hat man erkannt, dass Macri nicht viel Zeit hat. Er muss die wichtigsten Reformen dieses Jahr einleiten, denn 2017 wird gewählt – und die gemäßigten Peronisten, die ihn heute unterstützen, werden nur noch sich selbst helfen.Argentiniens Hauptproblem konnte Macri bislang kaum zähmen: Die Verbraucherpreise stiegen nach der Abwertung im Dezember gewaltig. Viele Produkte des täglichen Bedarfs sind heute 60 % teurer als vor der Wahl im November. Offizielle Werte liegen nicht vor, denn das nationale Statistikamt muss nach jahrelanger Destruktion erst mühevoll wieder anfahren. Gleichzeitig begann die Regierung mit der Reduktion ruinöser Subventionen auf Strom. Gas soll ab Mai angepasst werden, wenn die Stromerhöhung – für manche Haushalte und Firmen um 500 % – einigermaßen verdaut ist.Alarmierend die Zahlen vom Arbeitsmarkt: Die Privatwirtschaft hat über 107 000 Stellen abgebaut – etwa 8 % aller Privatbeschäftigten. Weil die Nachfrage aus Brasilien, das bislang die Hälfte aller argentinischen Industrieprodukte kaufte, fast ganz einbrach, ist eine Besserung nur zu erwarten, wenn Investitionen ins Land kommen. Aber wer investiert in einem Land mit über 30 % Inflation?Vor Obamas Besuch gab Macri Interviews, in denen er versprach, dass die Preisexplosion nachlassen werde. Doch davor müssen erst noch neue Löhne und Gehälter ausgehandelt werden. Und die dürften angesichts dieser Preisentwicklung nicht mit Abschlüssen unter 30 % enden. Dabei will Macri in seinen vier Amtsjahren die Geldentwertung wieder auf einstellige Werte bringen.Schon monieren liberale Kritiker, die Strategie sei zu zögerlich. Macri wolle mit neuen Krediten das Haushaltsdefizit (7 % in 2015) ausgleichen, anstatt zu sparen. Doch einen radikalen Sparkurs inmitten einer ungünstigen Weltkonjunktur kann ein Präsident ohne eigene Mehrheit wohl kaum durchstehen. Cristina Kirchner, Macris Vorgängerin, die das Land in Rezession übergab, ohne Währungsreserven, mit einem aufgeblähten öffentlichen Sektor und ohne Zugang zu Krediten, hofft, dass soziale Unruhen sie wieder zurückbringen könnten an die Macht.Zufall oder nicht: in den vorigen Wochen mehrten sich Berichte über skandalöse Korruptionsvorgänge im direkten Umfeld der Kirchners. Milliarden-Manipulationen, ähnlich jenen in Brasilien, in die staatsnahe Unternehmer verwickelt sind, Minister, aber auch der frühere Chef der Steuerbehörde AFIP.Der neue AFIP-Chef hat kürzlich eine neue Finanzierungsquelle aufgetan: Eine Steueramnestie soll Fluchtgelder heim in die Pampa bringen. Weil die Schweiz ab 2017 alle Kontendaten nach Buenos Aires übermitteln wird, sei eine Rückkehr von 20 Mrd. Dollar denkbar, heißt es im Finanzdistrikt.