OECD fordert mehr öffentliche Investitionen

Infrastruktur und Bildung sollen profitieren - Lob für Haushaltsstabilisierung - Kritik an Schuldenstand

OECD fordert mehr öffentliche Investitionen

jw Frankfurt – Die Industrieländerorganisation OECD plädiert in ihrem gestern veröffentlichten Bericht “Government at a Glance” für einen effizienteren Staat und mehr öffentliche Investitionen. Während einige Regierungen als Reaktion auf die globale Finanzkrise mit höheren Sozialausgaben reagierten, stabilisierten andere das Engagement der öffentlichen Hand auf niedrigem Niveau, so die OECD. “Die Staaten sollten jetzt damit beginnen, den seit 2009 anhaltenden kontinuierlichen Rückgang öffentlicher Investitionen zu korrigieren”, fordert die Organisation. Entscheidend seien mehr Ausgaben für Infrastruktur, Technologie, Ökostrom und Bildung. Derzeit fließt etwa ein Drittel der öffentlichen Investitionen in den OECD-Ländern in Transport und Energie, gefolgt von 15 % für die Verteidigung.2015 beliefen sich die öffentlichen Ausgaben in den OECD-Ländern im Schnitt auf 40,9 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegenüber 38,8 % im Jahr 2007. Die Haushaltsstabilisierung habe sich seit 2009 zwar fortgesetzt – das durchschnittliche Haushaltsdefizit der OECD-Länder erreichte 2015 2,8 % des BIP gegenüber 8,4 % im Jahr 2009. Der Schuldenstand sei aber nach wie vor hoch und die staatlichen Investitionen zu gering, so die OECD. Trotz niedriger Zinsen seien die Investitionen von 9,3 % der gesamten öffentlichen Ausgaben 2009 auf 7,7 % 2015 gesunken. Die Beschäftigung im öffentlichen Dienst hat sich laut Bericht dagegen kaum verändert. Sie lag 2015 im Schnitt bei 18,1 % aller Erwerbstätigen, 2007 waren es 17,9 %. Allerdings wurde in einigen Ländern, wie etwa Großbritannien, die öffentliche Beschäftigung stark abgebaut (siehe Grafik). Bedingt durch eine alternde Bevölkerung und wachsende Arbeitslosigkeit sind die Sozialausgaben dagegen deutlich gestiegen und lagen 2015 bei 41 % der gesamten öffentlichen Ausgaben, gegenüber 37 % im Jahr 2007.Die OECD schaut mit ihrem Report den Verwaltungen alle zwei Jahre auf die Finger. Sie sammelt dazu knapp 60 Indikatoren, die verschiedene Aspekte der Regierungsführung und Verwaltung in den 35 OECD-Ländern vergleichbar machen. Deutschland hinkt beim Einsatz digitaler Verwaltungsmethoden im Vergleich zu anderen OECD-Ländern hinterher. So reichten im OECD-Schnitt 2016 fast 36 % der Bürger Anträge und Formulare bei der öffentlichen Verwaltung über das Internet ein. Dies entspricht einer Verdreifachung im Verlauf von zehn Jahren. In Deutschland lag der Anteil von Online-Anträgen dagegen nur bei rund 18 %. In der Beschäftigung von Frauen im öffentlichen Sektort steht Deutschland jedoch gut da. Hier sind derzeit 37 % der Parlamentarier und 33 % der Minister Frauen gegenüber durchschnittlich 29 bzw. 28 % in den OECD-Mitgliedsländern. VertrauensverlustLaut dem 2016 Gallup World Poll ist der Anteil der Menschen in den OECD-Ländern, die ihrer Regierung vertrauen, seit 2007 von 45 auf 42 % gesunken. Besonders stark war der Vertrauensverlust in Finnland, Griechenland und Slowenien. In Deutschland ist dagegen eine umgekehrte Entwicklung zu beobachten: Seit 2007 ist das Vertrauen der Menschen in die Regierung um rund 20 Prozentpunkte auf 55 % gestiegen. Andere öffentliche Institutionen wie die Polizei oder die Justiz genießen mit 85 bzw. 70 % ein noch höheres Vertrauen in Deutschland.