OECD fordert vergleichbare Daten
Nachhaltige Investitionen werden immer wichtiger. Doch es mangelt bisher an vergleichbaren Daten und Grundsätzen für an ESG-Aspekten orientierte Kapitalanlagen. Regierungen sieht die OECD als Anteilseigner eines Viertels der größten Unternehmen weltweit besonders in der Pflicht.wü Paris – Nachhaltigkeit spielt für Kapitalanleger eine immer größere Rolle. An Umwelt-, sozialen und Governance-Aspekten (ESG) orientierte Investitionen hätten erheblich zugenommen und würden schnell zum Mainstream, urteilt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem am Dienstag veröffentlichten Unternehmens- und Finanzausblick 2020. Dass die ESG-Aspekte immer wichtiger werden, zeige sich nun auch an den Konjunkturprogrammen, mit denen die Wirtschaft nach der Coronavirus-Krise wieder flottgemacht werden soll. Potenzial geschmälert”Aber es gibt einen Mangel an vergleichbaren Daten und Messwerten”, betonte OECD-Generalsekretär Angel Gurría während einer Videokonferenz. “Bekommen Akteure an den Finanzmärkten die Informationen zu ESG-Daten, die sie benötigen, um Investitionsentscheidungen zu treffen? Die Antwort lautet leider oft nein.” Die mangelnde Vergleichbarkeit schmälere das Potenzial nachhaltiger Kapitalanlagen, kritisieren die Experten der OECD. Die ungenügende Datengrundlage erschwere sorgfältige Prüfungen, Entscheidungsfindungen, Risikomanagement, die Messung von Ergebnissen und die Ausrichtung auf eine langfristige Wertschöpfung. Mit ihrem Unternehmens- und Finanzausblick appelliert die in Paris ansässige Organisation deshalb an Regierungen und Marktteilnehmer, an ESG-Aspekten orientierte Investitionen fairer, transparenter und effizienter zu machen. Dabei komme den Aufsichtsbehörden eine wichtige Rolle zu, urteilt sie. Denn sie müssten zweckmäßigere und transparentere Berichtsrahmen für entsprechende Informationen fördern, die etwa offenlegen, wie Kennziffern bei der Analyse der ESG-Leistung gemessen, gewichtet und interpretiert werden. Unvollständiges Bild”Keine dieser Bemühungen kann in einem Vakuum erfolgen; Finanzmärkte sind von Natur aus global und benötigen deshalb globale Lösungen”, erklärte Greg Medcraft von der OECD-Direktion für Finanz- und Unternehmensangelegenheiten. Die Ausarbeitung allgemein anerkannter globaler Grundsätze und Leitlinien für einheitliche, vergleichbare und nachprüfbare ESG-Daten müsse deshalb oberste Priorität haben, fordert er. “Die Finanzierung hat entscheidenden Anteil daran, einen wirklich nachhaltigen Wiederaufbau nach der Coronakrise sicherzustellen, der bessere und umweltverträglichere Arbeitsplätze, höhere Einkommen und ein nachhaltigeres und belastbareres Wachstum mit sich bringt”, sagte Gurría. “Kapitalanlagen können jedoch nur dann Verbesserungen bei ökologischen, sozialen und Governance-Aspekten bewirken, wenn die Investoren über die nötigen Instrumente und Informationen verfügen.”Zwar gebe es inzwischen diverse Ratings, Veröffentlichungen und Messgrößen für ESG-Aspekte, doch diese zeigten nur ein fragmentiertes und uneinheitliches Bild der damit verbundenen Risiken und Leistungen, schreibt die OECD. Da es an standardisierten Berichtspraktiken mangele und die Transparenz der angewandten Bewertungsmethoden gering sei, könnten Investoren die Leistung von Unternehmen nicht richtig bewerten. Als Beispiel nennen die Autoren die Beziehung von hohen Umweltnoten zur Exposition gegenüber Kohlenstoffemissionen, die je nach Rating und manchmal sogar innerhalb eines Ratings stark variieren kann.All das wiederum erschwert es laut OECD, Anlageziele wie eine Begrenzung der CO2-Emissionen im Portfolio umzusetzen. Die gegenwärtigen Verfahren eigneten sich nur bedingt, um Klimarisiken zu managen und das Finanzsystem umweltverträglicher zu gestalten, obwohl dies für Investoren und Politik immer wichtiger werde, beklagen sie. Wenn diese Herausforderungen bei an ESG-Aspekten orientierten Investitionen nicht angegangen würden, könnte dies das Vertrauen von Investoren in entsprechende Bewertungen, Indizes und Portfolios untergraben. Regierungen hätten einen besonderen Hebel, um dabei zu helfen, urteilt der Bericht. Immerhin sei rund ein Viertel der größten Unternehmen weltweit komplett oder teilweise in Staatsbesitz.