OECD sagt geringes weltweites Wirtschaftswachstum voraus
Nur langsame Erholung der Weltwirtschaft
OECD-Prognose: Globales Bruttoinlandsprodukt 2023 und 2024 unter langjährigem Durchschnitt – Kein Wachstum in Deutschland in diesem Jahr
Das weltweite Wirtschaftswachstum fällt laut einer Prognose der OECD in diesem und im kommenden Jahr eher mau aus. Zwar lösten sich viele Probleme für die Konjunktur langsam auf, doch der Weg zu einer Erholung sei weit. Damit das Wachstum in der Zukunft wieder deutlich anzieht, brauche es Strukturreformen.
mpi Frankfurt
Die Weltwirtschaft befindet sich laut der Industriestaaten-Organisation OECD auf einem Erholungskurs, der jedoch eher schwach ausfällt und von „erheblichen Abwärtsrisiken“ begleitet wird. Wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Mittwoch bei der Vorstellung ihres Konjunkturausblickes mitteilte, beträgt das globale Wirtschaftswachstum laut ihrer Prognose in diesem Jahr 2,7% und steigt 2024 nur leicht auf 2,9%. Schwächer lief die weltweite Konjunktur seit der Finanzkrise nur im Pandemiejahr 2020.
Viele der Problemfelder der Wirtschaft lösen sich nach Ansicht der OECD langsam auf, bleiben jedoch zunächst einmal eine größere Belastung für die Konjunktur. Dazu zählen die hohe Inflation, Probleme in den Lieferketten und die angespannte Situation an den Energiemärkten. „Wir sind gerade dabei, das Problem der Inflation zu lösen“, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann bei der Vorstellung des Konjunkturberichts. Er verwies aber mit Blick auf die hartnäckige globale Kerninflation, die als Gradmesser für den zugrundeliegenden Preisdruck gilt, darauf, dass die Gefahr, die von der Teuerung derzeit ausgehe, weiter hoch sei. Die Zentralbanken sollten daher an einer restriktiven Geldpolitik festhalten.
Zudem forderte die OECD von den Staaten, die Notenbanken in ihrem Kampf gegen die hohe Inflation durch eine sparsamere Fiskalpolitik zu unterstützen. „Maßnahmen, die nicht zielgerichtet die Menschen unterstützen, die finanzielle Hilfen dringend brauchen, müssen verschwinden”, sagte OECD-Chefökonomin Clare Lombardelli. Dieselbe Forderung stellt auch der Internationale Währungsfonds (IWF). Wie aus den Daten der OECD hervorgeht, ist die Verschuldung in den Industriestaaten gestiegen – nicht zuletzt wegen der zahlreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen wegen der Energiekrise, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst wurde. Diese höhere Verschuldung konterkariere zum einen den Effekt der Zinserhöhungen durch die Notenbanken und reduziere zum anderen den künftigen fiskalischen Spielraum.
Die Lage an den Energiemärkten hat sich zwar entspannt und die befürchtete Krise ist im vergangenen Winter ausgeblieben, doch die Situation könnte sich zum Jahresende wieder verschärfen und das Wirtschaftswachstum deutlich ausbremsen. Zum einen könnte der kommende Winter in Europa deutlich kälter ausfallen als der recht milde vorherige. Zum anderen dürfte die chinesische Wirtschaft – die nach der Aufgabe der Null-Covid-Politik als Hoffnungsträger für die Weltkonjunktur gilt – im nächsten Winter mehr Energie verbrauchen als im Jahr davor.
Für Deutschland geht die OECD inzwischen nicht mehr von einem Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr aus. Nachdem die Prognose bislang bei einem leichten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,3% lag, sagt die Industriestaaten-Organisation nun eine Stagnation voraus. Die hohe Inflation schmälere die Realeinkommen und Ersparnisse. Der private Konsum sei daher nicht in der Lage, die Wirtschaft hierzulande anzukurbeln. Für 2024 prognostiziert die OECD unverändert ein Wachstum von 1,3% für Deutschland.
Reformen gefordert
Damit das globale Wirtschaftswachstum langfristig wieder deutlich stärker ausfällt, sind laut OECD Strukturreformen notwendig. Eine Stärkung von Frauen in der Wirtschaft sei auch aus ökonomischen Gründen bedeutsam. „Um das globale Wachstum anzukurbeln, brauchen wir alle verfügbaren Talente”, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Corman. Nur so ließen sich die Effekte des demografischen Wandels abmildern. Es brauche flexiblere Arbeitszeiten, bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und weltweit weniger Hürden für Frauen ein Unternehmen zu gründen. Auch ältere Menschen und Personen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen sollten besser in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Zudem müssten mehr Investitionen in produktionsfördernde Maßnahmen fließen. Zu geringe Investitionen sind laut OECD einer der Hauptgründe, weswegen das weltweite Wachstumspotential seit den 1970er Jahren abgenommen habe. Auch in die grüne Transformation der Wirtschaft sollten mehr Gelder fließen. Um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, brauche es bis zum Ende der Dekade eine Verdreifachung der Investitionen.