NACH DER ENTSCHEIDUNG DER US-NOTENBANK

Ökonomen zeigen mit Finger auf Fed

Kommunikationspolitik soll schuld an Fehleinschätzungen sein - BNP Paribas und Jefferies lagen richtig

Ökonomen zeigen mit Finger auf Fed

Am Tag nach der Entscheidung der Fed, ihre Anleihekäufe in unvermindertem Tempo fortzusetzen, haben zahlreiche Ökonomen der Notenbank die Schuld für eigene Fehleinschätzungen zugeschoben. Die Konjunktur wäre robust genug gewesen, eine Drosselung des Anleihekaufprogramms zu rechtfertigen.scd New York – Die US-Notenbank hat mit ihrer Entscheidung, die Anleihekäufe über 85 Mrd. Dollar im Monat ungebremst fortzusetzen, die meisten Ökonomen auf dem falschen Fuß erwischt. Umfragen zufolge hatten bis zu 80 % der US-Volkswirte mit einer Drosselung des “Quantitative Easing 3” genannten Programms gerechnet.Selten haben sich die Marktbeobachter kollektiv derart verschätzt. Dabei fokussierten sich viele Geldpolitikexperten auf die Arbeitslosenquote, die zuletzt bei 7,3 % ein Fünfjahrestief markiert hatte und von Fed Chairman Ben Bernanke als wesentlicher Eckpfeiler für die Fed-Entscheidung genannt wurde. Abgesehen von der niedrigen Arbeitslosenquote sprachen indes zahlreiche Faktoren aus Sicht der Fed gegen eine Drosselung der quantitativen Lockerung. So ist die Inflationserwartung zuletzt wieder deutlich gesunken. Die Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden und kommenden Jahr wurde einmal mehr gesenkt. Chance vertanDennoch hatten gerade die enormen Markterwartungen dafür gesorgt, dass viele Teilnehmer diese offenbar für eine selbsterfüllende Prophezeiung hielten. “Abgesehen davon, dass die US-Wirtschaft aus unserer Sicht stark genug gewesen wäre, einen graduellen Rückzug aus den geldpolitischen Stützungsmaßnahmen zu verkraften, hatten wir das Gefühl, dass die Fed die Chance der vorherrschenden Markterwartung für eine entsprechende Ankündigung hätte nutzen sollen”, suggeriert Harm Bandholz, US-Chefökonom der Unicredit, die Fed habe einen Fehler gemacht. Er rechnet damit, dass nun erst im Dezember mit einer Drosselung der Anleihekäufe begonnen werden könne, da für die Sitzung in sechs Wochen keine erklärende Pressekonferenz vorgesehen ist.Diese Einschätzung teilt auch Jan Hatzius von Goldman Sachs, der allerdings betont, dass auch dieser Zeitplan noch abhängig von den nächsten Konjunkturdaten sei.Auch die Barclays-Ökonomen hatten sich auf eine September-Drosselung eingestellt und werfen Notenbankchef Ben Bernanke nun eine schwache Kommunikationspolitik vor. Nach der Juni-Sitzung habe man sich auf eine Drosselung im September eingestellt. Nun nenne die Fed gemischte Konjunkturdaten als Grund für die ungebremste Fortsetzung der Anleihekäufe. Dabei seien diese schon im März klar absehbar gewesen. Die Fed “hat nicht gut kommuniziert, aber es gab eindeutige Signale, dass die Entscheidung knapper ausfallen würde als im Markt antizipiert”, sieht Standard-Life-Ökonom Jeremy Lawson Verantwortung an dem Fiasko auf beiden Seiten. Dezember-Termin fraglich?Zu den wenigen US-Ökonomen, die den Schritt der Fed richtig vorhergesehen haben, zählt Julia Coronado von BNP Paribas. “Die Investoren haben fast durchweg ignoriert, dass Chairman Bernanke stets betont hat, seine Drosselungsprognose sei datenabhängig”, wunderte sich Coronado. Sie sei überzeugt gewesen, die September-Sitzung werde genutzt, um dies noch einmal herauszustreichen und gegen implizite Erwartungen der Finanzmärkte anzugehen.” Coronado stellt nun sogar eine Drosselung im Dezember in Frage. Wenn die Fed nicht mehr nur auf die Arbeitslosenquote schaue, sondern eine Verbesserung im gesamten Arbeitsmarkt anpeile, sei auch die bislang von BNP Paribas avisierte Drosselung von QE 3 im Dezember fraglich. “Wir rechnen nicht mit einem so robusten zweiten Halbjahr wie der Offenmarktausschuss. Während wir ein Wachstum im vierten Quartal von annualisiert 1,8 % auf der Rechnung haben, geht der FOMC in der Mitte seiner Prognosespanne noch immer von 2,15 % aus.Auch Jefferies-Chefökonom Ward McCarthy hatte Marktstrategen der David Zervos zufolge vollkommen richtig gelegen. “Hut ab vor meinem Kollegen Ward McCarthy, der über die vergangenen Monate gegen den Trend dabei geblieben ist, dass die Jungs ihre Füße stillhalten werden, weil die Daten mies seien”, schrieb er in einer Kurzmitteilung.