Ölpreisverfall und Corona drücken deutsche Inflation
ms Frankfurt – Der drastische Verfall der Ölpreise und die Corona-Pandemie sorgen für einen immer geringeren Inflationsdruck in Deutschland. Im April ging die Teuerung gemessen an dem für EU-Zwecke berechneten harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von zuvor 1,3 % deutlich auf 0,8 % zurück, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) in einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist der niedrigste Stand seit November 2016. Zugleich gibt es zunehmende Bedenken über die Aussagekraft der Preisindizes in einer Zeit, in der die meisten Geschäfte geschlossen haben.Die deutschen Inflationsdaten schürten Erwartungen, dass die Inflation auch im gesamten Euroraum im April weiter deutlich auf dem Rückzug sein wird. Eurostat legt heute eine erste Vorabschätzung vor. Experten erwarten im Mittel einen Rückgang der Teuerung von 0,7 % im März auf nun 0,1 %. Zusammen mit einbrechenden Konjunkturindikatoren (siehe nebenstehenden Bericht) dürfte das die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer ultralockeren Geldpolitik bestärken und Spekulationen auf baldige neue EZB-Maßnahmen schüren.Bereits seit einiger Zeit tobt auch eine intensive Diskussion, welche Folgen die Coronakrise auf die Preisentwicklung haben wird. Viele Beobachter erwarten durch den Einbruch der Volkswirtschaften infolge der Pandemie einen stark dis- oder gar deflationären Trend – nun noch verstärkt durch den Ölpreisverfall. Einige andere Beobachter halten aber zumindest mittelfristig ein Anziehen der Inflation für möglich, wegen der beispiellosen Geldschwemme durch Notenbanken und Regierungen, aber auch durch Störungen in den globalen Lieferketten oder einen generellen Antiglobalisierungstrend.In Deutschland ist die Teuerung nun aber zunächst einmal weiter stark rückläufig. Auch in nationaler Rechnung (VPI) ging die Inflationsrate im April von zuvor 1,4 % auf 0,8 % zurück. Das ist der niedrigste Stand seit November 2016. Verantwortlich waren dafür vor allem die Energiepreise, die sich auf Jahressicht um 5,8 % verbilligten. Im März hatte das Minus bei 0,9 % gelegen. Einige Bundesländer berichteten aber auch von deutlich fallenden Preisen für Reisen. Dahinter dürfte nicht zuletzt das Coronavirus stehen. Probleme mit DatenerhebungNahrungsmittel verteuerten sich dagegen erneut deutlich, um 4,8 %. Die Volkswirte der Helaba nahmen das zum Anlass für eine Mahnung: “Die Entwicklung abseits der Energiepreisentwicklung sollte im Auge behalten werden”, schrieben sie in einem Kommentar zu den Daten.Derweil gibt es zunehmend Debatten, wie verlässlich solche Preisindizes noch sind, wenn viele Geschäfte geschlossen und der Konsum extrem eingeschränkt ist. Destatis räumt ein, dass sich die Verbraucherpreisstatistik vermehrt mit Preisausfällen konfrontiert sieht. Trotz dieser Einschränkungen bei der Vororterhebung könne die Qualität des Verbraucherpreisindex insgesamt aber weiter gewährleistet werden.