NOTIERT IN BERLIN

Pack die Badehose ein - und dann nischt wie an die Spree

299,1 Mrd. Euro kann der Bund im nächsten Jahr ausgeben, beschlossen die Haushälter dieser Tage - womit die schwarz-rote Koalition erstmals nach Jahrzehnten einen Etat ohne neue Schulden vorlegt. Nicht ganz ein Hunderttausendstel dieser Summe...

Pack die Badehose ein - und dann nischt wie an die Spree

299,1 Mrd. Euro kann der Bund im nächsten Jahr ausgeben, beschlossen die Haushälter dieser Tage – womit die schwarz-rote Koalition erstmals nach Jahrzehnten einen Etat ohne neue Schulden vorlegt. Nicht ganz ein Hunderttausendstel dieser Summe spendierten die Finanzexperten dabei dem Projekt “Flussbad Berlin”, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Spree zumindest partiell so weit zu reinigen, dass zwischen Außenministerium, unter der Unter-den-Linden-Brücke hindurch bis zum Pergamonmuseum gebadet werden kann. Kunstbeflissene Besucher des Neuen Museums mitsamt der Nofretete-Büste oder der reichen Indien- und Ostasiensammlungen, die in nicht allzu ferner Zukunft in die Replik des alten Berliner Stadtschlosses ziehen werden, können dann nach dem anstrengenden Kunstgenuss zur Abkühlung in die direkt vor den Museen vorbeifließende Spree springen. Vorbei die Zeiten, als Cornelia Froboess Anfang der fünfziger Jahre in West-Berlin trällerte: “Pack die Badehose ein – nimm dein kleines Schwesterlein – und dann nischt wie raus nach Wannsee.” Der hippe Gesamt-Berliner fährt nicht mehr nach jwd, nach janz weit draußen zum Baden, sondern nach Mitte. *Bedingung dafür ist jedoch, dass die heute noch recht undurchsichtig grüngraubraune Brühe, die da durch die Stadt dümpelt, sauber wird. Das ist ein durchaus ehrgeiziges Vorhaben, sammelt die Spree doch im Oberlauf so einiges an Unrat ein – das fängt bei Grubenwassern aus den Braunkohletagebauen an, geht über eine leichte Rottönung durch sich lösende Eisenverbindungen aus ausgekohlten Gruben weiter. Und sie nimmt alles mit, was die intensive Landwirtschaft oder die übriggebliebene Industrie nicht mehr braucht. Der wie ein natürliches Klärwerk wirkende Spreewald ist angesichts dieser Zuflüsse seit langem überfordert. *Stattdessen soll nun eine Biotoplandschaft mit Schilfbecken die Reinigung übernehmen. Mitten in Berlin teilt sich die Spree und fließt rechts und links an einer Insel vorbei, auf der seit nunmehr knapp zweihundert Jahren ein Museum neben das andere gebaut wird – die sogenannte Museumsinsel. Während einer dieser Flussarme intensiv mit Booten befahren wird, dämmert der andere vor sich hin, weil historische Brücken eine Durchfahrt verwehren. In diesem Arm soll nun im oberen Teil die natürliche Biotopreinigung angepflanzt werden, auf dass das Wasser im unteren Teil sauber genug zum Baden wird. Wer jetzt mutmaßt, dieses Flussbad sei mal wieder eine typische Berliner Flitzidee, die sich die Stadt wie so üblich vom Bund bezahlen lässt, dem sei gesagt, dass die Haushälter des Parlaments ein ganzes Paket genehmigt haben von bundesweit 21 “herausragenden Projekten mit besonderer nationaler Wahrnehmbarkeit und Qualität, mit überdurchschnittlichem Investitionsvolumen oder hohem Innovationspotenzial”. Zweifelt jetzt etwa noch jemand an der tieferen Bedeutung des Flussbads?