Peitsche und Zuckerbrot

EZB begrenzt Kauf von Staatsanleihen durch Hellas-Banken - ELA-Rahmen auf 71,3 Mrd. Euro aufgestockt

Peitsche und Zuckerbrot

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie Regierung in Athen lässt eigentlich kaum eine Gelegenheit aus, um ihre Dauerforderung zu platzieren, die Europäische Zentralbank (EZB) möge ihr in Sachen Refinanzierung doch bitte entgegenkommen – wobei es bemerkenswert ist, dass sie diese oft garniert mit geharnischter Schelte für die Notenbank, die ihrem Ziel sicher kaum förderlich ist. Im Mittelpunkt steht der Wunsch, aktuell drohende Liquiditätsengpässe durch die Ausgabe von mehr kurzfristigen Staatsanleihen, sogenannten T-Bills, zu beseitigen. Die EZB lehnt das aber bislang kategorisch ab – und nun macht sie in ihrer Rolle als Aufsicht sogar zusätzlichen Druck auf Athen. Aufsicht in SorgeDie EZB hat griechische Banken nun schriftlich angewiesen, keine weiteren Staatsanleihen mehr zu kaufen, wie aus Notenbankkreisen verlautete – was aktuell vor allem bei den T-Bills relevant ist. Bereits im Februar hatte das EZB-Aufsichtsgremium, der Supervisory Board, in einem Brief an die Hellas-Institute die “Empfehlung” ausgesprochen, nicht zu viele T-Bills zu erwerben. Nun untersagt sie explizit den Kauf zusätzlicher Papiere und zieht die Daumenschrauben an.Das Problem für Athen: Derzeit sind die Banken des Landes so gut wie die einzigen Käufer von T-Bills. Aktuell halten sie nach Angaben von Insidern rund 10 Mrd. Euro an solchen Titeln. Mitunter ist gar von 11 Mrd. Euro die Rede. Ausländische Investoren haben kaum Interesse und suchen eher den Ausstieg, wenn auslaufende Anleihen gegen neue getauscht werden (“Rollover”). In den vergangenen Monaten haben das die griechischen Banken kompensiert, und das auch zuletzt noch, trotz der Empfehlung der EZB-Aufsicht. Dem Vernehmen nach taten sie das teils auf Druck der Regierung. Wenn sie dies nun nicht mehr dürfen, könnte das de facto sogar darauf hinauslaufen, dass der griechische Staat künftig weniger T-Bills ausgeben kann – statt wie erhofft mehr. Die Probe aufs Exempel gibt es schon in Kürze: Im April stehen T-Bills im Umfang von 2,4 Mrd. Euro zum Rollover an.Die EZB will vor allem verhindern, dass indirekt das im EU-Vertrag vorgesehene Verbot der monetären Staatsfinanzierung umgangen wird. Nach der EZB-Sitzung Anfang März hatte Notenbankchef Mario Draghi klargemacht, dass dieses auch verletzt werde, wenn Banken sich bei der Notenbank gegen Sicherheiten Liquidität besorgten, um dafür Staatstitel zu kaufen. Hinzu kommt, dass auch in der EZB der Frust über die neue Regierung groß ist.Auf jeden Fall verteidigt die Notenbank bislang entschlossen die beiden Grenzen, die Athen mit Blick auf T-Bills gesetzt sind: da ist jene von 15 Mrd. Euro, die Griechenland maximal an solchen Papieren emittieren darf. Das ist eine Vorgabe der “Troika”-Kontrolleure von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF), die diese vor einigen Jahren vor allem auf Bestreben der EZB gesetzt haben. Diese ist mehr oder weniger erreicht. Und da ist die Grenze von 3,5 Mrd. Euro, die die EZB maximal als Sicherheiten für Liquidität akzeptiert. Diese Grenze ist seit langem ausgeschöpft.Athen kritisiert die harte Haltung und verweist darauf, dass die EZB 2012 kein Problem mit einer Anhebung beider Schwellenwerte gehabt habe, als sich nach Neuwahlen Antonis Samaras mit der Regierungsbildung schwertat. Wie Insider berichten, hat Ministerpräsident Alexis Tsipras diesen Punkt auch bei dem “Mini-Gipfel” vergangenen Donnerstag in Brüssel stark betont. Andere Lage als 2012Die EZB hält dem aber entgegen, dass sich Samaras damals eindeutig zu einem Hilfsprogramm bekannt habe. Tsipras dagegen wettert gegen die bisherigen Programme und tut sich schwer mit Zusagen. Mitunter fragen sich an den Verhandlungen Beteiligte ratlos, was Athen eigentlich will. Tatsache aber ist auch, dass die EZB mit dem Vorgehen 2012, wie mit anderen Schritten in der Krise, Präzedenzfälle geschaffen hat, mit denen sie nun zu kämpfen hat.Die unsichere Aussicht über den weiteren Verlauf der Gespräche zwischen Athen und der EU ist auch der Grund, warum die EZB weiterhin keine Staatsanleihen bei ihren regulären geldpolitischen Geschäften akzeptiert, wie Draghi bei seiner Anhörung im EU-Parlament am Montag unterstrich. Seitdem die EZB Anfang Februar eine entsprechende Ausnahmeregel gekippt hat, sind die Hellas-Banken auf die sogenannte Notfallliquidität ELA (Emergency Liquidity Assistance) angewiesen. Diese vergibt die griechische Zentralbank, der EZB-Rat kann das aber untersagen. Gestern bewilligte der Rat eine erneute Erhöhung des ELA-Rahmens. Wie in Notenbankkreisen zu hören war, stieg dieser um 1,5 Mrd. Euro auf nun 71,3 Mrd. Euro.Der Anstieg ist damit größer als in den Vorwochen. Nach wie vor ziehen viele besorgte Kunden Gelder bei den Hellas-Banken ab. Allerdings ist da auch der Zugriff der Regierung in Athen auf halbstaatliche Stellen im Renten- und Gesundheitssektor ein Problem: Dieses Vorgehen, mit dem die Regierung sich Liquidität beschafft, bedeute eben auch, dass diese Stellen Geld von ihren Konten abheben müssten, berichten Insider.Anders als üblich bewilligt der EZB-Rat die ELA-Hilfen im Fall Griechenlands nicht mehr für zwei Wochen, sondern nur noch von Woche zu Woche. Deshalb gab es dazu gestern eine Telefonkonferenz. Auch im EZB-Rat gibt es Zweifel und Widerstand. Draghi hatte am Montag in Brüssel aber gesagt, dass die Banken des Landes “im Moment” solvent seien. Das ist die Voraussetzung für ELA-Gelder. Er wies zugleich erneut den Vorwurf Athens zurück, die EZB “erpresse” das Land. Er betonte vielmehr erneut, wie sehr die EZB das Land unterstütze: Alles in allem hat sie dem Ägäis-Staat aktuell mehr als 100 Mrd. Euro geliehen.