Freihandelsabkommen

Peking bringt Japan in die Bredouille

Der Mitgliedsantrag von China zum Handelsvertrag der Pazifikanrainer mit dem Kürzel CPTPP hat Japan in eine Zwickmühle gebracht. Peking werden politische Ziele unterstellt, und der Wunschpartner USA will nicht.

Peking bringt Japan in die Bredouille

mf Tokio

Der Mitgliedsantrag von China zum Handelsvertrag der Pazifikanrainer mit dem Kürzel CPTPP hat Japan in eine Zwickmühle gebracht. Einerseits bleiben die USA der japanische Wunschpartner für den wohl modernsten Freihandelsvertrag dieses Jahrhunderts. Auch den Mitgliedsantrag von Taiwan möchte die Regierung in Tokio fair behandeln. Andererseits will sie ihren wichtigsten Handelspartner China nicht brüskieren.

Die japanische Reaktion fiel auch verhalten aus, weil das Parlament am 4. Oktober einen neuen Regierungschef wählen wird. Premier Yoshihide Suga hat das Handtuch geworfen. Seinen Nachfolger wählen die re­gierenden Liberaldemokraten am 29. September. Keiner der vier Kandidaten hat sich zu Chinas Beitrittswunsch geäußert. Der Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Hiroshi Kajiyama, beließ es bei der Aussage: „Wir müssen untersuchen, ob China den hohen Standard dieses Vertrages erfüllen will.“ Damit meinte er vor allem Chinas Subventionen für Staatsunternehmen, die CPTPP nicht erlaubt.

Politische Ziele

Die USA und Japan schmiedeten die Transpazifische Partnerschaft (TPP) ursprünglich als Gegengewicht zum ökonomischen Einfluss von China im Pazifikraum und vereinbarten dafür einen „Goldstandard“, wie die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton es nannte, für Freihandelsverträge. Daher um­fasste TPP neben der Absenkung der Zollschranken auch die Einhaltung von Datenschutz, Umweltstandards und fairem Wettbewerb. Doch An­fang 2017 verließ US-Präsident Donald Trump das unterschriftsreife Abkommen, das ursprünglich zwölf Mitglieder haben sollte. Japan und Australien überzeugten die übrigen neun Staaten, eine weniger umfassende TPP-Version in Kraft zu setzen. Auf diese Weise hielt man die Tür für eine Rückkehr der USA offen.

Die Mehrzahl der Analysten in Japan ist der Meinung, dass der Mitgliedsantrag von China vor allem politische Ziele verfolgt. Anders als beim Eintritt in die Welthandelsorganisation WTO in den neunziger Jahren zeige China keine Anstrengungen, die strengen Kriterien von CPTPP zu erfüllen. Vielmehr wolle die chinesische Führung den Vertrag untergraben und eine Mitgliedschaft von Taiwan verhindern.

Die Wirtschaftszeitung „Nikkei“ verwies in einer Analyse auf das zielstrebige Vorgehen von China. Präsident Xi Jinping habe sein Beitrittsinteresse im November 2020 angemeldet, als er nach dem Wahlsieg von Joe Biden befürchten musste, dass die USA trotz der Vorbehalte im Kongress zu TPP zurückkehren könnten. Anschließend sicherte sich China durch ein großzügiges Handelsabkommen im Januar das Wohlwollen von Neuseeland und buhlte um die Unterstützung von Malaysia und Singapur. Nach dem Chaos in Afghanistan und der US-Vereinbarung mit Australien über Atom-U-Boote beantragte man schließlich den Zutritt.

Japans neuer Regierungschef dürfte zunächst auf Zeit spielen. Diskutieren die elf CPTPP-Nationen den chinesischen Antrag, müssten sie ihre hohen Vertragsansprüche aufweichen. Auf diese Weise will China nach japanischer Ansicht seine auf oft unfaire Weise erzielten Handelsvorteile zementieren. Aber zugleich schwindet in Tokio nach den Enttäuschungen der vergangenen Jahre die Hoffnung auf einen Sinneswandel in Washington in Sachen TPP.

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