DIE ÖKONOMISCHE ORDNUNG ZERBRICHT - KÖPFE DES JAHRES

Populist

fed - Für einen Populisten ist die Sache - wie so oft - ziemlich einfach. "Populistisch" ist für ihn eine Mischung aus populär und listig. Populär, weil er reichlich Beifall und Bestätigung für seine Argumente von den Leuten erhält, also von der...

Populist

fed – Für einen Populisten ist die Sache – wie so oft – ziemlich einfach. “Populistisch” ist für ihn eine Mischung aus populär und listig. Populär, weil er reichlich Beifall und Bestätigung für seine Argumente von den Leuten erhält, also von der Volksmenge (populus). Und listig, weil er nach eigenem Verständnis clever genug ist, simple Lösungen selbst für die kompliziertesten Probleme anzubieten.Für denjenigen, der im Wettbewerb der Meinungen mit dem Populisten konkurrieren muss, ist die Sache – wie so oft – komplex und kompliziert. “Populistisch” ist für ihn eine Mischung aus Popanz und arglistig. Popanz, weil er das, was Populisten verbreiten, eigentlich nicht ernst nehmen kann und will, aber es ernst nehmen muss, weil er damit konfrontiert wird. Und arglistig, weil er Populisten unterstellt, dass sie wider besseres Wissen Dinge behaupten, die falsch oder irreführend sind. Oder im gerissensten Falle Ressentiments dadurch bedienen, dass Schuldzuweisungen unmissverständlich angedeutet, aber eben nicht explizit ausgesprochen werden – damit man sich anschließend herausreden kann, man sei ja nur falsch verstanden worden.Populisten haben 2016 viel Auftrieb gehabt, weil in der Öffentlichkeit – nicht nur in den Umkleidekabinen der Fußballvereine, sondern auch in den Vereinshäusern der Golfclubs – das Misstrauen gegenüber dem politischen Betrieb gewachsen ist. Mancherorts hat sich dieser Unmut gegen “Eliten”, “Establishment” oder schlicht “die da oben” gar in Argwohn verwandelt hat. Kompromisssuche gilt vielen, die der traditionellen Entscheidungsfindung in der repräsentativen Demokratie nicht mehr trauen, als Kungelei. Die Beteiligung organisierter Interessen an der Willensbildung wird von vielen gleichgesetzt mit blindem Gehorsam gegenüber Lobbyisten. Längst ernten diejenigen, die im Ton von Verschwörungstheorien die Medien in Handlanger der Mächtigen umdeuten, kaum mehr empörten Widerspruch – zumal in sozialen Netzwerken neue Wahrnehmungswelten jenseits der etablierten Nachrichtenkanäle entstehen. Die eine Seite beschimpft die “Lügenpresse”, die andere Seite klagt über “fake news”.2017 wird sich maßgeblich entscheiden, wie viel Einfluss Populisten auf politische Entscheidungen in Europa gewinnen können. Schließlich stehen nicht nur Wahlen in Deutschland und Frankreich an, sondern auch in den Niederlanden – und vielleicht in Italien.