CHINA

Porzellankiste

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Chinas Zentralbank scheint der gewaltige Schub an Neukrediten, den Geschäfts- und Schattenbanken im Januar vom Stapel gelassen haben, nicht zu schmecken. Die Währungshüter reagierten prompt und heftig mit...

Porzellankiste

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Chinas Zentralbank scheint der gewaltige Schub an Neukrediten, den Geschäfts- und Schattenbanken im Januar vom Stapel gelassen haben, nicht zu schmecken. Die Währungshüter reagierten prompt und heftig mit Repogeschäften, die dem Banksystem Liquidität entziehen und die Geldmarktsätze nach oben schleusen sollen. Dies kommt unerwartet, weil in den vergangenen Monaten stark nach oben ausbrechende Geldmarktsätze und die Angst vor einer Liquiditätsklemme die Schlagzeilen bestimmt hatten.Auch das ist eine neue Situation, denn dem chinesischen Geldmarkt wurde jahrelang weder im Reich der Mitte selber noch im internationalen Rund viel Beachtung geschenkt. Im Zuge der wachsenden Komplexität des chinesischen Finanzsystems ist die geldpolitische Steuerung nicht mehr mit knorrigen Instrumenten auf Basis starrer Leitzins- und Mindestreservevorgaben zu bewältigen. So rückt der Einfluss der Zentralbank auf die Geldmarktsätze immer mehr in den Fokus.Chinas volatile Geldmarktsätze gelten als ein Ausdruck wachsender Finanzstabilitätsrisiken im Reich der Mitte und zeugen von einer schwierigen Gratwanderung, kreditbefeuerte Verschuldungsexzesse im Zaum zu halten, ohne der Wirtschaft die notwendigen Wachstumsumdrehungen zu nehmen. Man kann die Maßnahme der People’s Bank of China sicherlich als ganz normalen Routineeingriff zur Glättung holpriger Liquiditätsdispositionen chinesischer Banken und Stabilisierung von Zinserwartungen werten. Sie hat aber darüber hinaus einen wichtigen Signalcharakter, denn die Notenbank macht deutlich, dass sie wenig Bereitschaft zeigt, den Finanzsektor von der Leine zu lassen und einen neuerlichen Kreditboom loszutreten. Ein solcher würde die chinesische Wirtschaft wieder zu Wachstumsraten jenseits der 8-Prozent-Marke zurückfinden lassen, doch passt dies nicht zur neuen Linie der Regierung, ein langfristig nachhaltigeres Wachstumsmodell mit gedrosselter, aber stabiler Expansion des Bruttoinlandsprodukts anzustreben.Bezeichnenderweise lässt Peking nun frisch verlauten, dass China in diesem Jahr ein Wachstum der Industrieproduktion von 9,5 % und damit erstmals weniger als 10 % anpeilt. Eine höhere Rate würde die Problematik einer bereits exzessive Verschuldung im Unternehmenssektor und auf Kommunalebene akzentuieren. Chinas Finanzsystem ist fragiler geworden und muss zum Preis eines niedrigeren Wirtschaftswachstums vor sich selber geschützt werden.