Positive Nachrichten von der Euro-Kreditfront
ms Frankfurt – Unmittelbar vor der morgigen Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es für die Geldpolitiker positive Nachrichten von der Kreditfront im Euroraum. Laut der gestern veröffentlichten vierteljährlichen Kreditumfrage der Notenbank (Bank Lending Survey) kommen Unternehmen und Privathaushalte immer leichter an Kredite – und zugleich nimmt die Nachfrage nach Ausleihungen zu. Die Banken im Euroraum gehen zudem davon aus, dass sich diese Trends vorerst auch fortsetzen werden.Die Umfrage für das zweite Quartal schürt damit die Hoffnung auf eine Fortsetzung des Aufschwungs im Euroraum – und das zu einer Zeit, in der es durchaus gemischte Konjunktursignale und Sorgen vor einer stärkeren Wirtschaftsabschwächung gibt. So trübte sich im Juli beispielsweise die Stimmung in der Euro-Wirtschaft ein (siehe Bericht Seite 6). Für die EZB ist der Wachstumsausblick aktuell ein zentraler Faktor bei der Frage, wie und wie schnell sie den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik angehen soll (siehe auch Bericht oben auf dieser Seite). “Breite Verbesserung””Der Bank Lending Survey der EZB deutet auf eine anhaltende, breit angelegte Verbesserung der Angebots- und Nachfragebedingungen für Kredite in der Eurozone hin. Das ist vor dem Hintergrund der etwas schwächeren makroökonomischen Daten für die Eurozone, der politischen Entwicklungen in Italien und der Sorgen über die globale Handelspolitik ermutigend”, sagte UBS-Europa-Chefvolkswirt Reinhard Cluse. “Das sind gute Nachrichten für die EZB und ihre Geldpolitik, weil das für stärkere Investitionen im Euroraum spricht”, sagte auch Chefvolkswirt Carsten Brzeski von der ING-DiBa.Laut der neuen Umfrage haben die Banken im zweiten Quartal ihre Kreditrichtlinien und -bedingungen über alle drei Kreditkategorien weiter gelockert – also sowohl für Unternehmens- als auch für Wohnungsbau- und Konsumentenkredite (siehe Grafik). Das habe das Kreditwachstum weiter unterstützt, so die EZB. Die Institute gehen zudem davon aus, dass sich diese Entwicklung auch im dritten Quartal fortsetzen wird. UBS-Ökonom Cluse hob mit Blick auf den Konjunkturzyklus den noch einmal leichteren Zugang für Unternehmen zu Krediten als besonders positiv hervor. Tatsächlich nährt das die Hoffnung auf ein Anziehen der Investitionen. Insbesondere der Fortgang in Deutschland, Italien und Spanien trug dabei zu der positiven Entwicklung bei. In Frankreich und den Niederlanden hielt sich die Zahl der Banken, die über eine lockerere oder eine straffere Vergabe berichteten, dagegen die Waage. Auch die Kreditnachfrage legte laut EZB im zweiten Quartal über alle drei Kategorien hinweg zu. Im Unternehmenssektor verzeichneten die Niederlande, Deutschland und Italien eine stärkere Nachfrage. Nach Einschätzung der Banken wird sich die Nachfrage auch im dritten Quartal fortsetzen.”Die EZB-Umfrage zum Kreditgeschäft bestätigt die Erwartung, dass sich das Kreditwachstum in der Eurozone in den kommenden Monaten weiterhin positiv entwickeln sollte, und dies sollte auch der EZB in ihren geldpolitischen Diskussionen Sicherheit bieten”, sagte UBS-Ökonom Cluse zu den neuen Daten. Seit Sommer 2014 hatte die EZB mit beispiellosen Maßnahmen versucht, die Kreditvergabe anzukurbeln, um so das Wachstum und letztlich die lange Zeit unter Ziel liegende Inflation anzuheizen. So hatte sie extrem lange Refinanzierungsgeschäfte aufgelegt, die Leitzinsen auf oder sogar unter null gesenkt und im Frühjahr 2015 damit begonnen, in großem Stil Wertpapiere aufzukaufen (Quantitative Easing, QE). Geringere MargenBei aller Zuversicht mahnte Cluse aber auch zur Vorsicht und warnte vor übertriebenem Optimismus. “Wir sind uns des Risikos bewusst, dass zunehmender Protektionismus die Investitionsbereitschaft in der Eurozone und damit die Kreditnachfrage von Unternehmen beeinträchtigen könnte”, sagte er. Am heutigen Mittwoch legt die EZB neue Daten für die Kreditentwicklung im Juni vor, die vor der EZB-Sitzung morgen ebenfalls mit Spannung erwartet werden.Während sich die Geldpolitiker in der EZB über den leichteren Zugang von Unternehmen und Haushalten und eine zunehmende Kreditvergabe freuen dürften, weil das für mehr Wachstum in der Zukunft spricht, könnten die Bankenaufseher in der Notenbank das womöglich etwas kritischer sehen. Denn die Kreditbedingungen passen die Finanzinstitute nicht zuletzt dadurch an, dass sie geringere Margen in Kauf nehmen. Das aber kann auf Dauer durchaus zu einem Problem für die Institute werden.