Federal Reserve

Powells falkenhafte Zinspause

Nachdem die US-Notenbank zehn Mal in Folge die Zügel straffer gezogen hat, legte deren Offenmarktausschuss (FOMC) nun wie erwartet eine Zinspause ein. Gleichwohl machte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell klar, dass der Kampf gegen die hohe Inflation noch nicht beendet ist.

Powells falkenhafte Zinspause

Fed legt „falkenhafte Zinspause“ ein

FOMC rechnet mit weiteren Straffungen um 50 Basispunkte

det Washington

Zum ersten Mal seit Januar 2022 hat der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank eine Sitzung beendet, ohne eine Zinserhöhung zu verkünden. Trotz der Zinspause schlug der Fed-Vorsitzende Jerome Powell einen falkenhaften Ton an und signalisierte, dass im weiteren Jahresverlauf zwei weitere Straffungen um insgesamt 50 Basispunkte zu erwarten seien. Dieses Signal sehen einige Experten ausgesprochen kritisch. Sie meinen, dass angesichts einer schwächeren Wirtschaft und der rückläufigen Inflation Powell wie auch vor zwei Jahren den Bogen überspannen könnte. Damals habe die Fed bei steigenden Preise zu lange gewartet, bis sie im März 2022 begann, an der Zinsschraube zu drehen, meinen Kritiker. Nun sei das Gegenteil zu beobachten, dass die Zinserhöhungen nämlich weiter gehen könnten, als im Kampf gegen die Inflation notwendig ist. 

Powell räumte ein, dass „wir seit Anfang vergangenen Jahres einen weiten Weg zurückgelegt haben“. So wurde der Leitzins insgesamt zehnmal um 5,0 Prozentpunkte angehoben, und der Zielkorridor von 5,0 bis 5,25% ist nun der höchste seit 2007. Für die Zinspause gab er mehrere Gründe an: Die Tatsache, dass die Notenbank schon deutlich gestrafft hat und die Zinserhöhungen Zeit brauchen, ehe sie Wirkung zeigen. Auch räumte er ein, dass die steigenden Finanzierungskosten eine zunehmende Belastung für Haushalte und Unternehmen darstellen. Gleichwohl betonte er, dass „Preisstabilität unsere höchste Priorität bleibt“.

Vorsichtiger Optimismus

Der oberste Währungshüter zeichnete ein vorsichtig optimistisches Bild der aktuellen Konjunkturlage. Er betonte die niedrige Arbeitslosenquote und wies auf die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems hin. Die positive Bewertung schlug sich auch in den neuen Prognosen der Währungshüter nieder, die nun für 2023 mit einer Wachstumsrate von 1,0% und einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,1% rechnen. Im März hatte das FOMC noch Werte von 0,4% und 4,5% vorausgesagt. Gleichzeitig werden aber die an der Kerninflation gemessenen Preise um 3,9% – und nicht wie vor drei Monaten unterstellt – nur um 3,6%, steigen, glaubt die Fed. Folglich erwarten 12 der 18 Mitglieder des Offenmarktausschusses, dass im weiteren Jahresverlauf mindestens zwei weitere Zinserhöhungen notwendig sein werden.

Nach Ansicht von Jeffrey Gundlach, Vorstandschef des Investmentunternehmens Doubleline Capital, schickt Powell sich an, den falschen Kurs einzuschlagen. „Die Konjunktur ist schwächer, als er glaubt“, sagt Gundlach. „Er macht den Fehler, sich auf zurückliegende Indikatoren wie den Arbeitsmarkt und die Verbraucherpreise zu stützen.“ Dabei signalisiere selbst der Arbeitsmarktbericht Konjunkturschwäche. „Der Rückgang der Wochenstunden wog zuletzt schwerer als die Neueinstellungen und hat dazu geführt, dass weniger gearbeitet und produziert wurde“, so Gundlach. Hinzu komme, dass die Neuaufträge in der Industrie bereits eine Kontraktion signalisierten. Das Inflationsargument lässt er nicht gelten, weil der Preisdruck bereits spürbar nachgelassen hat. Einen Beweis dafür würden die rückläufigen Einfuhrpreise liefern, bei denen im Mai der stärkste Rückgang seit 2020 gemessen wurde.  

Auch der Nationalökonom Frederic Mishkin, ehemaliges Vorstandsmitglied bei der Notenbank, ist mit dem derzeitigen geldpolitischen Kurs nicht einverstanden, doch aus einem anderen Grund. Er meint, dass die Fed den Leitzins hätte anheben sollen. „Die Kerninflation ist weiter zu hoch und weit vom Inflationsziel von 2% entfernt, dessen Erreichung für die Glaubwürdigkeit der Fed entscheidend ist“, so Mishkin. Auch meint er, dass die Wirtschaft robuster ist, als viele seiner Kollegen glauben. „Deshalb wird das FOMC auch weiter an der Zinsschraube drehen, das hätte nur früher anstelle von später geschehen sollen.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.