Private Equity muss die Herausforderungen annehmen

Kein Unterschied zu Portfoliounternehmen: Veränderungsprozesse zulassen - Geschwindigkeit wird wichtiger

Private Equity muss die Herausforderungen annehmen

Private Equity feiert neue Rekorde: Anhaltend niedrige Zinsen sorgen dafür, dass mehr renditesuchendes Kapital für die Fonds bereitgestellt wird. Das sogenannte Dry Powder, die Mittelzusagen der Investoren, wächst schneller als die Zahl der Beteiligungsmöglichkeiten. Das gilt für nahezu alle Arten von Transaktionen, unabhängig von Region oder Größe der Beteiligung. Hohe BewertungenBefragt man die Investoren der Fonds nach ihrer derzeit größten Sorge, liegt eine Antwort mit Abstand vorn: Die Preise, die für interessante Unternehmen gezahlt werden müssen. In den vergangenen Jahren sind die Unternehmensbewertungen gestiegen, ähnlich wie an den Aktienmärkten, den jüngsten Korrekturen zum Trotz. Viel Stirnrunzeln, auch bei den Investmentmanagern der Fonds, ruft der scharfe Wettbewerb um solche Unternehmen hervor. Umso mehr kommt es darauf an, möglichst früh zu verstehen, wo die Entwicklungspotenziale eines Unternehmens liegen und was man tun kann, um diese zu erschließen. Dann können auch Beteiligungen zu vermeintlich hohen Preisen attraktiv sein.Private-Equity-Gesellschaften kommen auf den Plan, wenn es auf der Gesellschafterebene Veränderungen gibt: Abspaltungen von Randgeschäften großer Konzerne haben in den 90er Jahren in Deutschland den Buy-out-Markt erst entstehen lassen, sind mittlerweile aber weniger zahlreich. Häufiger hingegen steht gerade im Mittelstand die Regelung der Nachfolge an – mehr und mehr Unternehmer mit neuen Geschäftsmodellen in zukunftsträchtigen Branchen suchen neue Gesellschafter. Nicht immer geht es um den Verkauf aller Anteile, auch Minderheiten und die Rückbeteiligung der bisherigen Gesellschafter sind beliebt. Lässt man die Frage nach dem richtigen Lösungsansatz für die jeweilige Beteiligungssituation außer Acht, rückt die Frage nach der Wertsteigerungsstrategie in den Vordergrund. Schon lange ist klar, dass Financial Engineering und Kostensenkungsprogramme dabei nicht die erste Wahl sind.Portfoliounternehmen als unternehmerischer Partner bei ihrer Entwicklung zu begleiten, erfordert ein detailliertes Verständnis dieser individuellen Geschäftsmodelle und der Branchen, in der die Unternehmen tätig sind. Nur auf dieser Grundlage können gemeinsam mit dem Management Entwicklungspotenziale identifiziert und die Weichen für eine erfolgreiche Weiterentwicklung gestellt werden.Doch wie erreicht man eine Neupositionierung eines Unternehmens, mit der sich nach vier bis sieben Jahren eine höhere Bewertung und ein entsprechend guter Kaufpreis erzielen lassen? Wie wird zum Beispiel aus einem traditionellen Maschinenbauunternehmen ein Lösungsanbieter, dessen Maschinen mit Software und intelligenter Steuerung leistungsfähiger werden? Und wie gelingt es, rasch neue Kundengruppen zu erschließen? Ausrichtung entscheidendDie strategische Ausrichtung eines Unternehmens ist der wichtigste Werthebel für ein erfolgreiches Beteiligungsmanagement. Meist bietet sich dafür mehr als nur ein Ansatzpunkt: Die Erweiterung des Produktportfolios, die geografische Markterschließung durch internationale Expansion, der Ausbau des Servicegeschäfts, jeweils entweder durch organische Entwicklung oder durch Unternehmenszukäufe – die Liste ließe sich fortführen. Operative Verbesserungen lassen sich neben den klassischen Maßnahmen auch durch Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung in der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen erreichen. Mit umfassenden Compliance- und Nachhaltigkeitsstandards sowie einer KPI-basierten Berichterstattung verbessert sich die Unternehmensführung.Eine Befragung von Investmentmanagern aus mehr als 50 in Deutschland tätigen Private-Equity-Häusern, die alle sechs Monate im Auftrag der DBAG durchgeführt wird, zeigt: Bereits seit einigen Jahren werden Buy-and-Build-Strategien deutlich vor der Internationalisierung des Geschäfts und dem Ausbau zusätzlicher Geschäftsfelder als aussichtsreichste Wertsteigerungsmethode angesehen.Auch für unsere Portfoliounternehmen ist anorganisches Wachstum ein wesentlicher Bestandteil der Wertsteigerungsstrategie. Fast immer werden deshalb schon in die Prüfung der Transaktionsmöglichkeit potenzielle Unternehmenszukäufe einbezogen. Oft werden sie im ersten Jahr nach Beteiligungsbeginn angestoßen oder sind, wie jüngst bei einem unserer Investments, sogar Bestandteil der ursprünglichen Transaktion. So wird die Entwicklung beschleunigt. Die zugekauften Unternehmen haben häufig eine kleinere Größe; solche Unternehmen sind oft zu niedrigeren Bewertungen verfügbar. So können Private-Equity-Gesellschaften ihre Einstiegsbewertungen reduzieren. Wir haben im vergangenen Jahr so viele Portfoliounternehmen bei Unternehmenszukäufen begleitet wie nie zuvor. Beispiel DuagonUnsere Beteiligung an der schweizerischen Duagon AG ist ein gutes Beispiel dafür. Gegründet 1995, hat sich das Unternehmen zu einem führenden unabhängigen Anbieter von Netzwerkkomponenten für die Datenkommunikation in Schienenfahrzeugen entwickelt. Die Produkte des Unternehmens ermöglichen die Kommunikation zwischen den einzelnen Systemen von Schienenfahrzeugen wie Türen, Bremsen, Klimaanlagen und dem übergeordneten Leitrechner. Damit wird die Integration dieser Systeme in die Netzwerke der Zughersteller erleichtert; Fehlerquellen werden reduziert. Zulieferer können sich so auf ihre Kernkompetenz, die Entwicklung der jeweiligen Bauteile für Schienenfahrzeuge, konzentrieren.Vor einem Jahr hat sich Duagon mit der MEN Mikro Elektronik GmbH zusammengeschlossen; wir haben die Transaktion als Private-Equity-Gesellschaft mit weiterem Eigenkapital begleitet. Zusammen bilden die beiden Unternehmen einen führenden Anbieter von Soft- und Hardwarelösungen für die Datenverarbeitung und -kommunikation, insbesondere in Schienenfahrzeugen. Die zwei Unternehmen ergänzen sich hinsichtlich ihrer Produktpalette, ihres technologischen Know-hows und ihrer globalen Vertriebsstrukturen. Unter einem gemeinsamen Dach können die Unternehmen das Potenzial des ohnehin wachsenden Marktes besser nutzen.Jüngst wurden durch die Übernahme eines australischen Anbieters von Steuerungs- und Automatisierungsprodukten das Produktangebot und die Elektronikkompetenz noch einmal erweitert. Passend zur Strategie wurde jetzt ein Vertriebsbüro in dem wichtigen Eisenbahnland Indien eröffnet. Damit sich solche Strukturen rechnen, ist eine gewisse Unternehmensgröße nötig: In diesem Jahr erwartet das Unternehmen mehr als 100 Mill. Euro Umsatz – das Fünffache dessen, was 2017 zu Buche stand.Um die wachsenden Kapitalzusagen ihrer Investoren auch investieren zu können, müssen sich Private-Equity-Gesellschaften auch neuen Branchen und Geschäftsmodellen zuwenden. Dabei ist es sicher von Vorteil, wenn man sich fokussieren kann: Die eigenen Mitarbeiter bauen eine eigene Branchenkenntnis und ein sektorspezifisches Netzwerk auf. Dies hilft aus den unterschiedlichen Geschäftsmodellen in einer Branche jene herauszufiltern, die zur jeweiligen Investitionsstrategie passen. Mit eigener Branchenkompetenz sind Private-Equity-Gesellschaften auch ein besserer Sparringspartner für das Managementteam des Portfoliounternehmens. Dies alles erhöht die Wettbewerbsfähigkeit.Auf diese Weise kann man sich aber auch neue Branchen erschließen und das Investitionsspektrum erweitern. Das geht – wie vieles in Private Equity – nicht in kurzer Zeit. Wir haben unsere Investitionsstrategie in den vergangenen Jahren kontinuierlich erweitert. So konnte man im Markt für Unternehmensbeteiligungen im deutschen Mittelstand zunehmend Unternehmen mit einem digitalen Geschäftsmodell wie Software, IT-Dienstleistungen oder auch E-Commerce beobachten. Als besonders attraktive Teilsegmente haben wir für uns IT-Dienstleistungen und Software identifiziert. Nachdem wir uns intensiv mit Geschäftsmodellen und mit Märkten befasst hatten, folgten 2018 und 2019 die ersten Beteiligungen an einem Software-Unternehmen und einem IT-Dienstleister. Auch in diesen Fällen wird anorganisches Wachstum eine wichtige Rolle zur Wertsteigerung spielen.Wenn Private-Equity-Gesellschaften ihre Investoren weiterhin zufriedenstellen wollen, müssen sie in ihrem Beteiligungsmanagement eine Antwort auf das anspruchsvolle Bewertungsniveau finden. Das Ziel muss sein, ihre Portfoliounternehmen so interessant, so wenig austauschbar und so unentbehrlich zu machen, dass Käufer bereit sind, eine strategische Prämie zu bezahlen. All dies muss schneller passieren als früher. Dazu müssen auch die eigenen internen Prozesse hinterfragt und kontinuierlich verbessert werden. Kurzgefasst: Für Private-Equity-Gesellschaften gilt das gleiche wie für ihre Portfoliounternehmen – Herausforderungen annehmen und sich auf Veränderungsprozesse einlassen. Torsten Grede, Vorstandssprecher der Deutschen Beteiligungs AG