Prognosen durchweg gesenkt
Noch ist unklar, wie tief der Lockdown infolge der Corona-Pandemie die deutsche Wirtschaft und auch die des Euroraums in die Rezession geschickt hat. Das aktuelle Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung zeigt deutlich die Prognoseunsicherheit. Auffällig sind die niedrigen Werte für Privatkonsum und Export.Bei diesen Prognosen findet ZEW-Experte Michael Schröder mehrere Punkte interessant. So werde der private Konsum für 2020 “nicht wie sonst üblich als die stabile Komponente der Wirtschaftsentwicklung gesehen”. Im Gegenteil zeige die Medianprognose von – 3,0 %, “dass ein großer Teil des konjunkturellen Rückgangs auf eine sehr schwache Konsumentwicklung zurückgehen dürfte” (siehe Tabelle). Noch etwas stärker wird allerdings das Minus bei den Exporten eingeschätzt.Besonders auffällig ist laut Schröder zudem, dass die Prognoseunsicherheit derzeit extrem groß ist. Selten sei die Differenz zwischen der niedrigsten (- 7,8 %) und der höchsten Prognose (- 2,5 %) für das Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) so ausgeprägt gewesen. Der Median von – 4,2 % liegt um 1,3 Punkte niedriger als im vergangenen Monat. Auch für 2021 sei die Prognoseunsicherheit sehr groß, wie die Bandbreite von 2,2 % bis 7,5 % zeige. Schröder zufolge signalisiert die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten für 2020 und 2021, “dass auch ganz andere Verläufe für das reale BIP als die Medianwerte wahrscheinlich erscheinen”. Die Medianprognose von 4,8 %, also ein Ausgleichen des Rückgangs des laufenden Jahres, hält Schröder für “durchaus optimistisch”, da inzwischen zunehmend von einer länger anhaltenden schwachen Wirtschaftsentwicklung ausgegangen wird.Die Prognosen der Arbeitslosenquote hingegen sind für die beiden betrachteten Jahre recht einheitlich – dass im Mittel nur eine geringe Zunahme der Arbeitslosigkeit erwartet wird, führt er vor allem auf die Kurzarbeiterregelungen zurück, die eine starke Erhöhung der Arbeitslosenquote zunächst verhindern. Bei dem im Median angenommenen V-förmigen Verlauf der BIP-Wachstumsrate kann die Beschäftigung 2021 schnell wieder steigen, wenn auch noch nicht ganz auf den Stand von 2019. Und auch in Bezug auf die Entwicklung der Verbraucherpreise spiegele das Tableau eine sehr klare Meinung wider: Eine besonders überschäumende Inflationsentwicklung werde nicht erwartet. Einbruch der Euro-IndustrieAuch die Einkaufsmanagerumfrage des Analysehauses IHS Markit zeigt für den Industriesektor im April zwar “den bei weitem stärksten Wachstumseinbruch in der knapp 23-jährigen Umfragegeschichte”, wie Markit-Chefökonom Chris Williamson sagte. Angesichts der Gespräche über Lockerungsschritte bestehe aber die Hoffnung, dass der Höhepunkt der negativen Auswirkungen im April war und sich die Talfahrt langsam wieder abschwäche. Österreich, Frankreich, Griechenland und Italien verzeichneten jeweils neue Allzeittiefs.Optimistischer zeigten sich im Mai die monatlich von Sentix befragten Anleger – so verbesserte sich der Gesamtindex für Euroland wegen der gestiegenen Erwartungskomponente um 0,9 auf – 41,8 Punkte. “Wir stehen am Beginn einer Stabilisierungsphase, die in Deutschland und vor allem Österreich schon gut sichtbar ist”, erläuterte Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner. International ruhten die Hoffnungen auf der asiatischen Region. In China, wo die Coronakrise ihren Ausgang nahm, stünden die Zeichen bereits wieder auf konjunkturellen Aufschwung.