Protest gegen Macrons Rentenreform

Regierung hält an Plänen fest - Sozialpartner zu Gesprächen einbestellt - Beitragserhöhung vorgeschlagen

Protest gegen Macrons Rentenreform

Trott neuer Massenproteste und des Rücktritts des Rentenbeauftragten ist die Regierung von Präsident Emmanuel Macron fest entschlossen, die Reform durchzusetzen. Gemäßigte Gewerkschaften wollen kein sogenanntes Gleichgewichtsalter von 64 Jahren, sondern schlagen dafür eine Erhöhung der Beiträge vor.wü Paris – Einen Tag vor einem entscheidenden Treffen mit der Regierung haben am Dienstag in Frankreich zum ersten Mal seit Beginn der Streiks gegen die von Präsident Emmanuel Macron geplante Rentenreform alle großen Gewerkschaften gemeinsam protestiert. Dem Innenministerium zufolge gingen landesweit 615 000 Menschen auf die Straße, davon allein 76 000 in Paris. Ein Ende des Streiks, von dem vor allem die staatliche Bahn SNCF und die öffentlichen Nahverkehrsmittel im Großraum Paris betroffen sind, ist derzeit nicht in Sicht. Im Gegenteil, denn die Fronten scheinen sich zu verhärten.So erklärte Premierminister Edouard Philippe nach dem Rücktritt des für die Rentenreform zuständigen Staatssekretärs Jean-Paul Delevoye, er und seine Regierung seien weiter fest entschlossen, die geplante Reform durchzusetzen und die 42 verschiedenen Rentenkassen durch ein einheitliches System zu ersetzen. Philippe hat die Sozialpartner für Mittwoch und Donnerstag zu Gesprächen über das Projekt zu sich einbestellt. Linke Gewerkschaften wie CGT und FO fordern von der Regierung, die Reform komplett fallen zu lassen. Sie drohen, sonst auch über die Weihnachtsfeiertage weiterzustreiken. Kritik an GleichgewichtsalterDagegen geht es den gemäßigten Gewerkschaften CFDT und CFTC darum, dass die Pläne für ein sogenanntes Gleichgewichtsalter von 64 Jahren zurückgenommen werden. Premierminister Philippe hatte bei der Vorstellung der Details der Reform zwar Zugeständnisse wie bei den Übergangsfristen zu dem geplanten Punktesystem gemacht, gleichzeitig aber auch angekündigt, dass es volle Rentenbezüge ab 2027 erst ab 64 Jahren geben soll, auch wenn das offizielle Mindestrentenalter unverändert 62 Jahre betragen soll. Mit dieser Ankündigung habe die Regierung eine rote Linie überschritten, urteilt die CFDT.”Wir wollen dieses Gleichgewichtsalter nicht”, sagt CFDT-Generalsekretär Laurent Berger. Das Thema sei für ihn nicht verhandelbar. Das Rentensystem sei hinsichtlich des finanziellen Gleichgewichts nicht in unmittelbarer Gefahr, urteilt er. Zudem gäbe es de facto bereits ein Gleichgewichtsalter. Dieses müsse beibehalten werden, während es für anstrengende Tätigkeiten einen Ausgleich geben müsse. Berger, der für eine Art Waffenstillstand bei den Streiks über die Feiertage eintritt, hat als Alternative zu dem Gleichgewichtsalter von 64 Jahren eine Erhöhung der Beitrittszahlungen vorgeschlagen.Berger plädierte am Dienstag zudem dafür, die künftige paritätisch von den Sozialpartnern besetzte Leitung des einheitlichen Rentensystems zu beauftragen, in den nächsten Monaten Vorschläge vorzulegen, wie das finanzielle Gleichgewicht kurz-, mittel-und langfristig erreicht werden kann. Die durch den Rücktritt des Renten-Hochkommissars Delevoye geschwächte Regierung Macron hat bereits Gesprächsbereitschaft in Bezug auf das Gleichgewichtsalter signalisiert. Je mehr Zugeständnisse sie machen wird, desto teurer könnte die Reform werden. Nach Ansicht von Experten ist das wahre Thema die Senkung der öffentlichen Ausgaben, die derzeit rund 56 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone ausmachen. Wenn sich die Regierung entschließt, die Ausgaben für die Renten auf dem derzeitigen Niveau von 14 Punkten des BIP zu belassen, muss sie bei anderen Ausgaben sparen.