VOR DER ZINSWENDE - KÖPFE DES JAHRES

Rebell

ths - Vor zwei Jahren feierte Carles Puigdemont Silvester noch als Bürgermeister der beschaulichen katalanischen Provinzhauptstadt Girona. Dann räumte plötzlich der langjährige katalanische Regierungschef Artur Mas auf Drängen der...

Rebell

ths – Vor zwei Jahren feierte Carles Puigdemont Silvester noch als Bürgermeister der beschaulichen katalanischen Provinzhauptstadt Girona. Dann räumte plötzlich der langjährige katalanische Regierungschef Artur Mas auf Drängen der antikapitalistischen Separatisten der CUP seinen Stuhl und der damals selbst in Katalonien nicht übermäßig bekannte frühere Journalist Puigdemont wurde Ministerpräsident – und als solcher inzwischen gar zu so etwas wie der Verkörperung für ein Streben nach nationaler Selbstbestimmung, das inzwischen vielerorts um sich greift.Nach zwei turbulenten Wahlen, die in die Unabhängigkeitserklärung im März, dem Eingreifen der spanischen Zentralregierung und der Flucht Puigdemonts vor der Justiz nach Belgien endeten, arbeitet der abgesetzte Regierungschef seither an seiner Rückkehr. Dort droht ihm aber die sofortige Festnahme – die Anklage lautet “Rebellion”, Anstiftung zum Aufruhr und Missbrauch öffentlicher Gelder.Etwas unerwartet hat die von ihm persönlich ins Leben gerufene Wahlliste Junts per Catalunya bei den von Madrid angeordneten Neuwahlen in Katalonien am 21. Dezember knapp die Nase vor der Republikanischen Linke (ERC) gehabt. Es war der Erfolg eines Wahlkampfes, der komplett auf die Figur des “president” zugeschnitten war. Puigdemont gelang es so, viele separatistisch gesinnte Katalanen auf seine Seite zu ziehen und die Wahl zu einer klaren Ansage an die Zentralregierung zu machen, welche die katalanische Autonomieverwaltung vorübergehend ausgesetzt hat.Der 55-jährige Politiker der bürgerlichen PDeCAT war die tragische Hauptfigur im Drama um den Unabhängigkeitsprozess 2017. Die Emanzipationsbestrebungen in Katalonien haben eine lange Vorgeschichte. Doch erst im Zuge der Wirtschaftskrise und der Globalisierungsängste wuchs die Bewegung stark, ohne jedoch eine klare Mehrheit zu bilden. Puigdemont wollte im Oktober ein Gerichtsverfahren und den Eingriff des Zentralstaates abwenden und war kurz davor, selbst Neuwahlen anzuordnen. Doch als diese Absicht durchsickerte, beschimpften ihn viele Separatisten als Verräter.Im Gegensatz zu vielen Parteifreunden, die immer einen moderaten Kurs vertreten haben, ist Puigdemont seit jungen Jahren ein glühender Verfechter der Unabhängigkeit gewesen. Ob er diesem Ziel 2018 näherkommt, wird sich zeigen – jedenfalls wird er weiter dafür kämpfen.