Rechnungshof rügt "Scheinsicherheit"

Scheller wirft Regierung mangelnde Konsolidierung vor

Rechnungshof rügt "Scheinsicherheit"

wf Berlin – Der Bundesrechnungshof hält der Bundesregierung mangelnden Konsolidierungswillen vor. Die günstigen Rahmenbedingungen, die schwarzen Nullen erzeugten, böten – mittelfristig betrachtet – “nur noch eine Scheinsicherheit”, sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller vor der Presse in Berlin. Konsolidierungspläne gebe es keine. Auch die Tilgung der Bundesschuld bleibe aus. Notwendig sei eine finanzwirtschaftliche Strategie mit dem Ziel eines nachhaltig tragfähigen Bundeshaushalts, verlangte Scheller. Der Rechnungshof stellte in Berlin seine Bemerkungen 2018 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes vor. Wachsende Risiken Die finanzwirtschaftlichen Risiken für den Bundeshaushalt nehmen laut Rechnungshofpräsident zu. Scheller nannte drei zentrale Felder: Demografie, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen und Europa. Mit Blick auf die demografische Entwicklung hält der Rechnungshof die Stabilisierung der Rentenfinanzen für dringend geboten. Leistungsverbesserungen wie für die Mütterrente sowie die Garantien für Beitragssatz und Rentenniveau bis 2025 belasteten den Bundeszuschuss, der ohnehin bald die Marke von 100 Mill. Euro im Jahr durchbreche. Bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen dringt der Rechnungshof darauf, Aufgaben- und Finanzierungskompetenz zu trennen. Stattdessen werde die finanzielle Eigenverantwortung der Länder untergraben. Bei der kommunalen Bildungsinfrastruktur, der sozialen Wohnungsförderung und beim öffentlichen Nahverkehr müsse klar sein, dass der Bund nur zusätzlich zu Ländermitteln mitfinanziere. Bei den europäischen Herausforderungen nannte Scheller den Brexit, den neuen europäischen Finanzrahmen bis 2027, die Hilfen in der Staatsschuldenkrise sowie die Weiterentwicklung des Euro-Rettungsschirms.Auf Kritik des Rechnungshofs stößt auch die “Töpfchenwirtschaft”. Es würden immer mehr “Spardosen” in Form von Sondervermögen neben dem Kernhaushalt eingerichtet, welche die Transparenz im Etat verringerten und die Haushaltskontrolle erschwerten. Unter Rückgriff auf die Asylrücklage im Investitions- und Tilgungsfonds könne der Bund 19 Mrd. Euro Schulden tilgen, regt der Rechnungshof an. Dies wäre ein wichtiges Signal und verringere zudem das Zinsrisiko. Die Mittel des Energie- und Klimafonds zur Förderung der Energiewende sollen nach Ansicht des Rechnungshofs direkt den Einzelplänen der Ministerien im Etat des Bundes zugeordnet werden. Kritik an KfW-VergütungBei den konkreten Vorschlägen zur wirksameren Haushaltsführung wirft der Rechnungshof dem Bund eine zu hohe Vergütung der KfW für die Verwaltung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms von rund 1 Mrd. Euro jährlich vor. 2016 und 2017 habe die Vergütung bei 130 und 140 Mill. Euro gelegen – also bei mehr als 10 % , ohne dass die KfW Akquisitionskosten habe oder Risiken trage. “Die Vergütung ist überhöht”, sagte Scheller. Auch die nachträgliche Besteuerung von zuvor nicht deklarierten Auslandskapitalvermögen weist dem Rechnungshof zufolge Mängel auf. Bei den Nachzahlungszinsen für die unterbliebene Einkommensteuer hätten auch die unterbliebenen Vorauszahlungen mit dem gesetzlichen Zinssatz von 6 % belastet werden müssen. Dem Staat seien dadurch seit 2010 rund 1 Mrd. Euro entgangen.