Pandora-Papiere

Rechtsstaat in der Pflicht

Das neue Datenkonvolut über geheime Vermögen Hunderter Politiker und Amtsträger ist etwas größer als das der Panama Papers. Gesetzlich ist seit den Enthüllungen vor fünf Jahren einiges geschehen.

Rechtsstaat in der Pflicht

Ein neues Datenleck hat das Vermögen von mehr als 330 Politikern und Amtsträgern in fast 100 Ländern in Trusts, Stiftungen und Briefkastenfirmen in die Öffentlichkeit gebracht. Ein internationales Netzwerk von Investigativjournalisten wertete 11,9 Millionen bislang geheime Dokumente von 14 in Steueroasen tätigen Finanzdienstleistern aus. Das Datenkonvolut ist damit etwas größer als das der Panama Papers, die auf einen einzigen Finanzdienstleister zurückgingen und 2016 in die Öffentlichkeit gelangten. So weit die Fakten. Bekannte Namen wie der jordanische König Abdullah, der tschechische Premierminister Andrej Babiš und der frühere britische Premier Tony Blair sind unter den Enthüllten. Wie es scheint, steht Deutschland nicht im Mittelpunkt. Nichts davon ist nachrecherchierbar, da nur ein begrenzter Kreis von Journalisten Zugang hat.

Briefkastenfirmen sind nicht verboten. Rechtswidrig ist es aber, wenn durch diese Kon­struktion Steuern hinterzogen oder gesetzliche Meldepflichten etwa für Träger öffentlicher Ämter verletzt werden. Solche Straftaten müssen geahndet werden. Wie die Sachverhalte im Einzelnen zu bewerten sind, ist nun genau zu klären. Ein Journalistennetzwerk kann das nicht. Die Aufklärung gehört in einem Rechtsstaat in die Hand der Strafverfolgung und der Gerichte. Die Auswertung der Panama Papers wurde in Deutschland zentral bei der Finanzverwaltung in Hessen mit Ermittlern in Kassel gebündelt. Auf rund 72 Mill. Euro aus Steuernachzahlungen und Strafen im In- und Ausland belief sich die in diesem Februar veröffentlichte Bilanz. Die dazu benötigten Daten mussten die Behörden selbst aus illegalen Quellen ankaufen. Es zeigt, dass sich das Pressenetzwerk nicht als Robin-Hood-Bewegung versteht.

Gesetzlich ist einiges geschehen: Ein Transparenzregister legt hierzulande für Behörden die wirtschaftlich Berechtigten offen. Mit der jüngsten Geldwäschereform wurde das Transparenzregister zum Vollregister erweitert, so dass Daten innerhalb Europas einsehbar sind. Einen globalen Datenaustausch gibt es in Steuerfragen. Wo sich Lücken zeigen, muss der Gesetzgeber nachbessern. Nicht hilfreich sind indessen Schnellschüsse wie die des SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans. Er forderte härtere Strafen für die Verletzung von Meldepflichten. Wenn die beim Bundesfinanzministerium aufgehängte Anti-Geldwäsche-Einheit FIU nicht einmal in der Lage ist, Meldungen zeitgerecht zu bearbeiten, ist bei Vollmundigkeit allerdings Vorsicht geboten.

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